Montag, 7. Dezember 2009
Perth
Seit langem treffe ich plötzlich wieder auf Ampeln und vielspurigen Straßenverkehr. Dazu ist Perth wie jede Stadt: Laut, groß und unübersichtlich, hektisch und voll üblen Gestanks. Und es lungern finstere Gestalten auf den Stra en herum. Nach all den Wochen im Hinterland bin ich wirklich wie geschockt!

Zu allem Überfluss muss ich mitten in die Höhle des Löwen, um endlich eine neue Kamera zu besorgen. Dies zwingt mich zum zweiten Mal in meinem Leben in eines dieser schrecklichen Parkhäuser. Ich bin mit den Nerven fertig und will nur noch weg. Aber es hülft nichts, ich brauche einen Photoapparat. Am Ende bin ich nicht wirklich begeistert von meiner Errungenschaft, die aber mangels besserer Optionen wenigstens als vernünftiger Kompromiss erscheint.

Immerhin finde ich trotz großstädtischen Molochs einen legalen Platz für die Nacht, der mich obendrein mit gefälligem Blick auf das Rottnest Island und seine Leuchttürme entschädigt.

Am nächsten Tag wache ich auf und kann endlich wieder sehen! Die Kamera funktioniert - ob sie gute Bilder macht, weiß ich noch nicht. Ich finde, ich war noch nicht ausreichend Einkaufen und verbringe den Vormittag mit dem vergeblichen Versuch, einen gebrauchten Klappcomputer zu besorgen. Wie sich nämlich abzeichnet, ist ernsthaftes Bloggen ohne eigenes Elektronengehirn nicht zu bewerkstelligen. Deshalb, und weil da diese völlig überflüssigen Umlaute mit drauf sind, hatte ich meins extra Zuhause gelassen.

Aber es bleibt auch Zeit für ein bisschen Sightseeing. Perth ist wenig Zentrum mit viel Drumherum und hat mittlerweile etwas von ihrem Schrecken verloren. Eigentlich ist die Stadt sogar ganz okay, weil's viel Wasser und auch einen Hügel mit Park hat, was die Strukturen ungemein auflockert.


Downtown Perth - Blick vom Kings Park

Das Wetter ist tatsächlich wärmer und sonniger geworden. So sehen Städte gleich viel netter aus. Der Wind bleibt aber kalt. Also verdrücke ich mich zum Abschied noch ins "Aqwa", das Aquarium von Perth, und werde ziemlich enttäuscht. Die Anlage ist offensichtlich auf nahwestliche Besucher ausgerichtet. Fehlt nur noch, dass sie in den Becken bunte Unterwasserlampione in Drachenform anbringen. Einzig die Quallen sind nicht durch vielfarbige Scheinwerfer angestrahlt. Eine Wohltat für die Augen.


Quallen im Aquarium Perth

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Yanchep NP
20. November 2009. Die Landschaft wird jetzt etwas grüner, ich bin unterwegs sogar durch einen Fichtenwald gekommen. Eigentlich auf der Suche nach dem Außergewöhnlichen, steckt mir die trockene Einöde des Nordens immer noch traumatisch im Schädel. Also freut mich dieser europäisch anmutende, grüne Landstrich in Meeresnähe.

Bald erreiche ich den Yanchep Nationalpark. Die nette Dame im Drive-Thru-Zahl-Ka-Buff ist zu einem Schwätzchen aufgelegt und berichtet, sie hätte zu dieser Jahreszeit in 30 Jahren noch nie so kaltes Wetter erlebt. Das glaube ich ihr gern, streife nach über einem Monat erstmalig ein Hemd über das T-Shirt und lege Schuhwerk an, ohne Wandern zu wollen.

Zudem erfahre ich, dass die Südwestküste inklusive der Perth vorgelagerten Rottnest-Insel tatsächlich die ganze nächste Woche von unzähligen besoffenen Teenies überfallen wird, die ihren Schulabschluss traditionell gehörig feiern. Ich hatte darüber schon im Radio gehört, weil sich die Erwachsenen über das grassierende binch drinking, also Koma-Saufen, berechtigte Sorgen machen. Mein Plan, mich in den Südosten von WA zu verdrücken und von da aus an der Küste entlang wieder Richtung Perth vorzuarbeiten, war also richtig.

Die Koalas im Yanchep NP sind wirklich possierliche Tierchen. Leider ist in denen tagsüber etwa genausoviel Leben drin, wie in einem Barren Blei. Das liegt unter Anderem daran, dass sie Aufgrund ihrer schwer verdaulichen Eukalyptusdiät manchmal bis zu 5 Tage brauchen, um Ihr Fresschen zu verarbeiten.


Da ist ja doch Leben drin!

Das Foto eines sich streckenden Koalas ist daher pulitzerpreiswürdig. Ansonsten sind eigentlich nur unbewegliche Pelzhaufen in Astgabeln zu entdecken. Das Ganze ist insofern mäßig spannend. Für einen kurzen Augenblick wurde es aber doch aufregend, als ich einen Koala außerhalb des Geheges in einem Baum sitzen sah. Schlampige Hilfskräfte hatten vergangene Nacht eine Tür nicht geschlossen. Offensichtlich sind verlässliche Mitarbeiter hier genauso schwierig zu bekommen, wie daheim. Die Gelegenheit haben ein paar der Tiere jedenfalls zu nutzen gewusst. Da deren Fluchtgeschwindigkeit am Tage annähernd 0 Meter pro Stunde beträgt, zeigten sich herbeigerufene Hilfskräfte zwar erfreut, den Ausreißer einfangen zu können, blieben ansonsten aber gelassen.

Ich verließ den Ort des Geschehens, um an einer netten Höhlenführung teilzunehmen. Die wäre bei normalem Wetter eine schöne Abkühlung gewesen.

Der ganze Park wirkt selbst auf mich wie eine Oase der Ruhe. Sogar die Tiere waren irgendwie entspannter als andernorts. Bis auf eine Känguruhmutter, die verzweifelt ihre Hausschlüssel suchte.


Verdammt, wo hab' ich wieder den Schlüssel gelassen?

Aber das alles war nur die Ruhe vor dem Sturm. Denn danach musste ich nach Perth.

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Lesueur NP und die Pinnacles
Der gestrige Tag begann stürmisch, bald auch regnerisch. Das habe ich zunächst sogar als angenehme Abwechslung empfunden. Vom Lesueur NP sah ich zunächst nicht so viel, weil es bei meiner Ankunft in Strömen geregnet hat. Deshalb hatte ich mir trotz Campverbots mitten im Park ein Plätzchen für die Nacht gesucht und die Geborgenheit im Wagen genossen, während draußen der Wind am Auto zerrte und der Regen auf das Blech prasselte.

Heute morgen ist es dann RICHTIG kalt und es regnet noch immer. Auf so ein Wetter bin ich weder kleidungstechnisch noch mental eingestellt. Angeblich soll es aber langsam besser werden, meint das Radio. Das Wetter ändert sich glücklicherweise soweit, dass ich eine Wanderung durch den Park wagen kann. Hier sieht es aus wie im schottischen Hochland, ein Flach-Urwald aus dunkelgrünem Buschland, in dem angeblich immer irgendwo etwas blüht.


Lesueur NP

Die Blüten sind tatsächlich überall, kommen aber nicht so üppig karibisch daher, sondern eher kräutergartenmäßig. Man muss daher auf Details achten. Insgesamt ein schöner Park mit tollen Aussichten, die allerdings erwandert werden wollen.

Nicht so schön ist dagegen das Hinweisschild, das am Parkeingang steht. Dort steht, man solle sich nach einer Wanderung auf Zecken untersuchen und diese gegebenenfalls mit öligen Lotionen oder Gel ersticken. Das ist völliger Schwachsinn, eine längst überholte Weisheit und vielmehr das Schlimmste, was man in so einem Fall tun kann. Bisher konnte ich mich gerade noch zurückhalten, ein Schreiben mit entsprechendem Kommentar an das Department of Environment and Conservation abzusondern.

Meine Reise zum nächsten Highlight führte dann an einigen Lookouts vorbei. Die lasse ich selten links liegen, da sie logischweise meist guten Überblick bieten und insbesondere das Meer von oben noch etwas schöner erscheinen lassen.


Hansen Bay Lookout am Indischen Ozean

Der Nambung Nationalpark ist vor allem für die Pinnacles-Wüste berühmt, wo unzählige, von Wind und Wetter freigelegte Limestones, also Kalksteine, wie Statuen in gelbem Sand herumstehen. Man kann dort überall herumlaufen und auf einer schönen Piste durch die Wüste fahren. Wirklich ein eigenartiges Areal.


Pinnacles Eins

Diese Eigenartigkeit wird heute noch durch relativ dramatische Wolkenformationen verstärkt.


Pinnacles Zwo

Auch sonst ist das Wetter so dramatisch, dass ich mir morgens erst einmal warme Fußluft einstellen musste, damit meine Füße nicht versehentlich abbrechen. Gleichzeitig klagt der Südosten des Kontinents über die höchsten Temperaturen seit Beginn der Messungen und entsprechende Trockenheit. In der Tat ist dort die allerhöchste bushfire-Vorwarnstufe ausgerufen worden, denn es ist zudem auch noch sehr windig.

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Freitag, 4. Dezember 2009
Klimawandel und die Australier
In hiesigen Radioberichten wird oft das Thema climate change angesprochen. Zumindestens Journalisten belegen damit eine gewisse awareness. Selbst die hiesigen Politiker reden derzeit viel darüber - sicher wegen der baldigen Klimakonferenz in Kopenhagen. Eigentlich ist es auch schwierig, sich dem zu entziehen, denn die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen sind down under ebenfalls zu spüren: Dramatische Feuersbrünste, Wasserknappheit hier, Überflutungen da, anormales Wetter, Absterben der Korallen und zuallererst das Ozonloch, das die Aussies ja besonders früh und hart getroffen hat.


Irgendeine Primary School in Geraldton

Die formschöne Kopfbekleidung, mit der die Schulkinder sich hier während des Aufenthalts unter freiem Himmel kleiden müssen, belegt dies eindringlich, auch wenn das Tragen kurzärmeliger Hemden und kurzer Hosen dabei nur halb durchdacht erscheint.

Einige Bürger Australiens wollen allerdings immer noch nicht begreifen, dass die Veränderung der Umwelt auch unmittelbar mit dem eigenen Verhalten zu tun hat. Neulich habe ich irgendwo geparkt, um eine Melone zu verspeisen und etwas zu dösen. Als ich ankam, stand dort bereits ein dicker Geländewagen mit offener Tür und laufendem Motor. Vom Fahrer nichts zu sehen. Nach einer Viertelstunde hatte ich fertig mit Meloneessen und schlaff herumhängen. Als ich abfuhr, lief der Motor des anderen Wagens immer noch. Vermutlich hatte sicher der Fahrer nur für ein Nickerchen ins Haus zurückgezogen, da lohnt es sich ja kaum, erst umständlich den Motor auszustellen.

Unfassbar, diese Ignoranz! Leider bin ich überall auf derartige Bequemlichkeiten gestoßen. Es ist natürlich viel angenehmer, nach dem Einkauf in einen kühlraumgleichen Wagen zu steigen, als für zehn Sekunden das Fenster herunterzukurbeln. An solchem Verhalten scheint sich hier niemand zu stören. Aber ist das wirklich "nur" Bequemlichkeit oder vielmehr totale Absenz von Hirnaktivität?

Wir kennen derart gestriges Verhalten in Europa ja leider auch noch, vorwiegend von minderbemittelten Berufskraftfahrern. Unter denen gilt es bis heute als verweichlicht, den Motor abzustellen, bevor dieser nicht von allein durch vollständiges Verbrauchen des Tankinhalts ausgegangen ist.

Dabei drängt sich die Frage auf, ob es wirklich sein muss, auch die letzte Ecke des Outbacks zu besiedeln. Die Suche nach Abgeschiedenheit kann ich zwar sehr gut nachvollziehen, aber dort ist eben das Klima nicht gerade vorteilhaft. Und warum die Siedler meinen, ihren Strom grundsätzlich mit Dieselgeneratoren erzeugen zu müssen, bleibt mir ein Rätsel. Sicherlich funktionieren Solarzellen in Wüsten nicht, weil da zuviel Sonne scheint.

Nachtrag: 14. Dezember 2009. Im Radio höre ich, dass die Australier ihre Kohlendioxid-Emissionen seit 1990 in Wahrheit um satte 82 % gesteigert haben. Das wundert mich nicht. Durch Schönrechnerei, indem sie die Buschfeuer und den extrem hohen Beitrag der Landwirtschaft ausklammerten, waren sie jetzt aber auf nur 8 Prozent gekommen und hätten damit kaum etwas tun müssen. Na klar, die Landwirtschaft. Werden die Bauern eigentlich nie zur Verantwortung gezogen? Unausweichlich sind hier ausschließlich die natürlichen Buschfeuer. Aber auch die belasten nun einmal die Bilanz.

Haben denn diese Idioten weltweit das Problem immer noch nicht kapiert, verdammte Axt??? So kurzsichtig können doch nur Politiker (und Manager shareholder-value-orientierter Unternehmen) denken. Ich fürchte, die anderen Nationen werden sich in ähnlicher Manier aus der Verantwortung stehlen wollen. Aber es darf doch nicht um Schacherei gehen, sondern darum, die Welt zu retten, in dem ALLES getan wird, um die Emissionen zu reduzieren. Und das muss JETZT geschehen. Noch kostet es vergleichsweise wenig. In wenigen Jahren wird es vielleicht zu spät sein. Zumindestens ist jetzt nicht der Zeitpunkt zu sagen "Ach was, alles Panikmache, das wird schon ...". Denn Prognosen könnten schließlich auch zutreffen. Ich empfehle da einen Blick in den Stern-Report.

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Geraldton
Unterwegs komme ich durch eine nette Ortschaft namens Northampton, die durchaus etwas Charme besitzt. Die meisten anderen Ortschaften waren bisher eher belanglos bis us-amerikanisch hässlich. Bald gelange ich wieder an der Küste an und bin froh, oberhalb des Coronation Beach einen schönen und ruhigen Schlafplatz mit Meerblick gefunden zu haben.

Dienstag, 17. November 2009. Ein Tag voller schlechter Erinnerungen. Was für ein schöner Morgen hätte das dennoch werden können! Der Wind ist komplett abgeflaut und kommt nur noch als laues Lüftchen daher. Die direkt vor meinem Fenster sinnentleert herumblökenden Schafe bekomme ich mit gezielten Steinwürfen in den Griff. Kein Generator, keine Nachbarn. Nur Brandung und Vogelgezwitscher. Herrlich.

Zur Abwechslung fahren dafür zwei Fischerboote auf und lassen wirklich stundenlang ihre Motoren aufheulen, um von einem Hummerkorb zum nächsten zu fahren. Es ist wie auf einer Baustelle. Das bringt mich zum rasen. "Gibt es denn keinen verdammten Ort auf dieser Welt, an dem NICHT irgendein Arschloch nervtötende Motorengeräusche emittiert?", denke ich mächtig genervt und starte den Motor um nach Geraldton zu fahren.

Die Kleinstadt ist okay, aber bleibt trotzdem eine Stadt wie jede andere. Tauchen ist wieder nicht möglich, weil zu wenig los ist. Die Auswahl an Kameras ist meines Erachtens auch zu gering. So fahre ich nach 1,5 netten Museen und ein wenig sightseeing unverrichteter Dinge weiter, um mir heute noch das Greenough Historic Settlement anzusehen.

Selbstredend war die täglich bis 17 Uhr geöffnete Anlage heute nur bis 15 Uhr geöffnet. Sie hätten ja einen entsprechenden Zettel an die Tür geheftet, erklärt mir eine Mitarbeiterin, die ich um Viertel nach Drei gerade noch zur Rede stellen konnte. Ah ja. Das ist mal eine nachvollziehbare Erklärung für die willkürlichen Öffnungszeiten in diesem Land und recht hilfreich für Leute, die von außerhalb kommen. Insbesondere da ALLE Besucher von außerhalb kommen, weil hier sonst nichts ist.

Gerade hatte ich meine Nackenfedern aufgestellt, um der Kollegin einen geharnischten Dienstleistungsvortrag zu halten, da war sie bereits osmotisch in die vierte Dimension diffundiert. In den weniger verdienten Feierabend. Schade, die Anlage sah über den Zaun ganz nett aus. Eben eine Pioniersiedlung aus vergangenen Zeiten.

Wohlan denn, Kutscher, hinaus in die Fremde, ruft's mich auf's Neu'. Immerhin stoße ich unterwegs auf schöne weiße Dünen. Dass in der Nähe der White Point liegt, erscheint ausnahmsweise logisch.


Weiße Düne

Außer meinen sind hier nur noch Abdrücke von Dingos zu erkennen. Einen der Wildhunde habe ich sogar gesehen. Der war in der Gewissheit, hier nicht auf Menschen zu treffen, einfach auf die Düne gelaufen, so dass er erst noch einen verdatterten Gesichtsausdruck auflegte, bevor er sich schnell wieder ins Gebüsch trollte.


Ein fröhlich' Gruß in die Ferne

Ein paar Kilometer weiter lässt mich die mittlerweile neurotische Suche nach einem ruhigen Schlafplatz selbst Sandpisten in Angriff nehmen. Keine gute Idee. Schon bei den ersten beiden Versuchen kann ich mich mit Müh' und Not gerade noch frei fahren. Aber neeein, Hänschen muss ja unbedingt noch 30 Meter weiter und fährt die Karre dann so richtig schön in den Mist. Hätte ich jetzt nur meinen Taschenmaulwurf dabei. Habe ich aber nicht. Also muss ich bei schwindendem Tageslicht stundenlang mit Händen und Stöcken den Wagen wieder ausbuddeln und die allgegenwärtige Gefahr, dabei auf Falltürspinnen oder Schlangen zu stoßen, ist mir vor lauter Wut völlig schnurz.

"Du wolltest Abenteuer? Da hast Du Abenteuer, Du Idiot!", schnauze ich mich an. Gern würde ich mir selbst eine 'reinhauen, wenn das nicht so weh täte. Nach mehrmaligem Ansetzen des Wagenhebers bekomme ich das Auto aber endlich frei und lecke meine Wunden.

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Dienstag, 24. November 2009
Hutt River
Ein Abstecher abseits der befahrenen Routen lässt mich beinahe eine Schlange überfahren, die bräsig mitten auf der Schotterpiste liegt und dort einem Verdauungsnickerchen fröhnt. Sie macht auch wenig Anstalten sich etwa aus Angst vor dem großen Blechmonster wegzubewegen, so vollgefressen ist sie. Ich kenne diese Trägheit. So geht es mir morgens, mittags und abends. Irgendwann wird ihr meine Beobachterei aber doch zu bunt und sie verzischelt sich übelgelaunt ins Gebüsch. Das erinnert mich mal wieder, nächtens nicht allzu leichtfertig aus dem Wagen zu treten. Sie sind überall!

Bald führt mich die Straße zu einer coolen Enklave besonderer Art (siehe "Themen", 09 Links): Als derzeit einzigen Besucher nimmt mich seine Hoheit, Prinz Leonard, persönlich in Empfang, um mich durch den Stammsitz seiner Principality of Hutt River zu führen. Das war mal wieder was für Vatters Jüngsten!

Entstanden ist das Fürstentum nämlich aus Protest gegen staatliche Weizenquoten. Der pfiffige Landwirt hat damals eine Gestzeslücke gefunden und sich am 21. April 1970 vom Commonwealth of Australia abgespaltet. Abgespalten? Ich nix deutsche mehr. Wie dem auch sei, für die Abspaltung musste er Australien sogar kurzzeitig den Krieg erklären. Zu ernsten Auseinandersetzungen ist es aber bisher nicht gekommen.

Im Gegenteil, das "zweitgrößte Land auf diesem Kontinent" feiert im kommenden Jahr sein 40-jähriges Bestehen! Und das, obwohl mir der rüstige Fürst, mittlerweile weit in den Achtzigern, die Kopie eines internen Regierungsschreibens zeigt, worin zwar einerseits erwägt wird, die principality einfach zu akzeptieren, man aber andererseits vorschlägt, dem neuen Souverän das Leben ordentlich schwer zu machen, sprich: Ihn zu schikanieren. Das haben sie wohl auch eifrig, aber bisher erfolglos getan. Ts, die machen hier wirklich Politik wie bei uns: Ein Haufen Philister ist vorwiegend damit beschäftigt, bloß nicht schlecht dazustehen.


Seine Hoheit bei der Gartengestaltung

Ob denn in Anbetracht seines Erfolges niemand sonst auf die Idee gekommen sei, sich abzuspalten, möchte ich noch wissen. "Doch", schmunzelt Prinz Leonard, als er kostenlos (!) das Visum in meinen Pass stempelt, "die sitzen aber alle im Knast". So einfach ist das wohl doch nicht.

Sein Fürstentum ist übrigens das einzige auf der Welt, das ohne Blutvergießen entstanden ist! Noch heute wird der etwa 75 Quadratkilometer oder Andorra-große Kleinstaat als landwirtschaftlicher Betrieb von dreien seiner Söhne geführt, während seine Hoheit sich vorwiegend den Staatsgeschäften und der Wissenschaft widmet. Die Deutschen tun sich übrigens immer noch schwer mit der Anerkennung der Hutt River Principality, während beispielsweise die Österreicher dies angeblich längst getan haben.


Die Principality of Hutt River

Ich solle mich niemals von einer Regierung unterdrücken lassen, gibt mir der Fürst noch mit auf den Weg und bedankt sich für meinen Besuch, als ich weiterziehe.

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Kalbarri
Sonntag, 15. November 2009. Am nächsten Morgen bin ich in aller Herrgottsfrühe nach Kalbarri aufgebrochen. Unterwegs wechselt die Landschaft plötzlich von einer Kurve zur nächsten und es sieht für ein paar Kilometer aus wie in England oder Irland während eines sehr trockenen Sommers. Weizenfelder so weit das Auge reicht. Mittlerweile ist auch die Annäherung an dichter besiedelte Gebiete zu spüren. Der Strassenverkehr nimmt stetig zu, es wird weniger beim Fahren gegrüsst und es sind mehr Touries unterwegs.

Apropos Touristen: Es nicht wirklich überraschend, dass die Einzigen, die hier überhaupt auf die Idee kommen, einen in ihrer eigenen Landessprache zu grüssen, mal wieder die Franzosen sind. Auf deren Bonjour grüße ich dann salopp mit Moinmoin zurück und finde es denen unheimlich gegeben zu haben.

Der Kalbarri NP ist ganz schön und bietet nette, gut zu erreichende Ausblicke. Es haut einen aber auch nicht um, wenn man schon ein paar Schluchten gesehen hat ...


Kalbarri NP - Nature's Window

Kalbarri, der Ort, ist ein netter welcher, mit wilder Küste, Stränden, Klippen und tollen Aussichtspunkten. Der Indische Ozean zeigt sich hier von einer duften Seite. Sonne, steife Brise und Schaumkrönchen auf den Wellen, von denen manche von einer grossen Horde Delphine stammen, andere von Buckelwalen. Wunderschön, fast wie die Nordsee. Wieder bin ich froh, doch das grosse Fernglas mitgenommen zu haben. Um Gewicht für den Hinflug zu sparen, hatte ich stattdessen Duschgel und Deo zu Hause gelassen.

Muss ich eigentlich noch erwähnen, dass die täglich stattfindende Pelikanfütterung an diesem Tag aus unerfindlichen Gründen ausgefallen ist? Macht aber nüscht, in Monkey Mia habe ich die Tierchen ja schon bei der inoffiziellen Fütterung gesehen.

Entschädigt wurde ich zudem im Rainbow Jungle, einer Art Papageienzoo, der mir gut gefiel. Ein niedlicher Kakadu hielt mir nach kurzem "Hello" gleich begehrlich seinen Kopf hin, auf dass ich ihn kraulen möge. Dann hob er abwechselnd seine Schwingen, unter denen er offensichtlich ebenfalls ausgiebig gekrault zu werden wünschte. Als ich nach einer Ewigkeit Anstalten machte zu gehen, schnappte sich das Federtier mit geübtem Griff seiner Krallen einen meiner Finger, als wolle es sagen "Moment mal Freundchen, das soll schon alles gewesen sein?". Irgendwie hat mich das an meine Exfreundin erinnert.

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Montag, 23. November 2009
Ansonsten
Totale Schreibblogade.

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Shark Bay / Monkey Mia
Die Fahrt führt mich zur Shark Bay, ein World Heritage, das sich dadurch auszeichnet, gleich alle der zur Klassifizierung nötigen Kriterien zu erfüllen. Genauer gesagt handelt es sich um die Kriterien 1, 2, 3, und 4. Hier wäre es vermutlich hilfreich, diese auch zu benennen. Den Teil habe ich leider vergessen. Außer, dass der Grand Canyon beispielsweise ebenfalls einer der weltweit unter 20 Heritages mit voller Punktzahl ist. Der Shark Bay sieht man diese Einzigartigkeit allerdings nicht sofort an.

Gleich am Anfang des Gebietes befindet sich der Hamelin Pool mit einer sehr seltenen Ansammlung lebender Stromatolithen. Als erste Lebensform auf diesem Planeten, waren es einzellige Cyanobakterien, die den Sauerstoff produzierten, die unser heutiges Leben überhaupt erst möglich machten. Damit begannen sie vor etwa 3,5 Milliarden Jahren. Und tun es an den wenigen Stellen, wo sie überleben konnten, noch heute. Diese Information ist eigentlich wesentlich interessanter, als die Stromatolithen selbst, die im Laufe der Zeit von den Bakterien ausgebaut werden und dann beispielsweise wie banale Steine aussehen. Auch bleibt vor Ort die Frage offen, woher denn die Kollegen Bakterien ihrerseits damals gekommen sind. Ich weiß aber vom Extremtelevisioning, dass zumindestens manche Wissenschaftler glauben, die Erde könnte per Komet oder Meteorit mit den Bakterien geimpft worden sein.


Stromatolithen - Sagt "Hallo" zu Euren Verwandten!

Die hier noch aktiven Nachfahren unserer Vorfahren sind lediglich etwa 5.000 Jahre alt und tun den ganzen Tag lang nicht viel Beobachtenswertes außer da zu sein und ab und zu 'ne Miniluftblase abzusondern.

Und weiter geht die lustige Fahrt, vorbei an schönen lookouts. In Denham, dem Hauptort der Region, gehe ich natürlich gleich wieder in das Besucherzentrum, um mich nach Getier und Aktivitäten zu erkundigen. Die original daily Eingeborenentour findet mindestens die nächsten zwei Tage nicht daily statt, weil der Eingeborene derzeit ausgeboren ist und niemand weiß, wo er sich gerade herumtreibt. Schön. Dann gehe ich eben erstmal tauchen.

Den Tauchladen gebe es leider nicht mehr, ergeht die Kunde. Tauchen mache hier aber sowieso wenig Sinn, da die Shark Bay viel zu flach sei, höchstens vier Meter. Dies erfahre ich vom ehemaligen Eigentümer des Tauchladens, der jetzt im visitorcenter arbeitet. Da möchte ich doch mal wissen, welche Vollpfosten dessen Businessplan damals abgesegnet haben!? Vermutlich die Barings Bank.

Da ich am nächsten Morgen die weltberühmte Delphinfütterung mitmachen und danach einfach mal nicht mit dem Auto fahren will, checke ich für die nächsten zwei Nächte im Monkey Mia Dolphin Resort ein. Das war keine gute Idee. Hier nerven nicht nur lautstarke Nachbarn und das allgegenwärtige Generatorengerbumme, nein, ich muss auch noch die Abgase des Generators einatmen, der offensichtlich noch dämlicher platziert wurde, als in anderen Anlagen.

Wenn auch touristisch aufgemacht, war die Fütterung der Delphine dagegen eine schöne Sache. Die hiesigen bottlenose dolphins kommen täglich in die Bucht, weil sie wissen, dass es vormittags lecker Fisch gibt, den sie nicht selbst fangen müssen. Ich gehe ja auch lieber nach Aldi hin, als das Wildbret selbst zu erlegen. 13 Tiere sind heute ganz nah ans Ufer geschwommen und durften dann von zufällig ausgewählten Besuchern unter Anleitung gefüttert werden. Dabei hat es mich schon gestört, nicht zu sehen, was ich fotografiere ...


Delphinfütterung

Streicheln darf man die Delphine übrigens nicht, denn Sonnencreme sowie unachtsame Bewegungen könnten Tieren und Menschen rasch den Spaß vergällen. Ansonsten gilt in der Shark Bay eine strikte "don't feed the animals"-policy. Nach der morgendlichen Veranstaltung setze ich mich am Strand brav bis halb drei in den Schatten, damit die böse Sonne mich nicht noch älter aussehen lässt, als ich mich schon fühle.


Am Strand von Monkey Mia

Dabei beobachte ich, wie rigoros die Nicht-Füttern-Regel in diesem Naturpark eingehalten wird. Das wissen auch die Pelikane, die sonst friedlich am Strand dösen. Plötzlich werden die Vögel ganz unruhig und zänkisch, als Angler nahen, um Ihre Fische auszunehmen.


strictly no feeding

Dann weht mir ablandiger Wind wieder liebliches Generatorgebrumm in die Ohren und köstliche Dieselabgase in die Nase. Könnte ein Sonnenuntergang am Strand schöner sein?

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Mittwoch, 18. November 2009
Coral Bay / Ningaloo MP
Mittwoch, 11. November 2009. Immer noch Ningaloo Reef, aber auch Kölle Alaaf. Ein bewölkter Morgen bei mildem Starkwind. Das lädt zu einem entspanntem Frühstück am Leuchtturm ein.


Frühstück in relativem Windschatten

In Coral Bay angekommen, ging ich gleich ins nächste Tauchcenter, um endlich mal mit Geräten im Meer zu tauchen. Das habe ich am nächsten Tag tatsächlich. Und eine Tauchausrüstung hatten sie auch für mich. Noch während ich diesbezüglich am Verhandeln war, kam im Hintergund eine Nachricht vom so genannten spotterplane, mit dem hier Hailights für die Tauchboote ausfindig gemacht werden, durch das Funkgerät, sie hätten einen Walhai gesichtet. Das ist etwas ganz Besonderes, denn a) ist das der größte Fisch der Welt, der bis zu 18 Meter lang werden kann und dabei noch völlig ungefährlich ist, b) ist mit dem eine Runde durch die Wellen zu drehen ein schnorchelmäßiger Höhepunkt im Leben eines jeden Schnorchlers und c) sind die Walhaie um diese Jahreszeit normalerweise gar nicht vor Ort.

Als wäre mir das Finanzamt auf den Fersen, renne ich aus dem Tauchladen, um mich mit kühnem Hechtsprung in die Fluten zu stürzen und dem Riesenfisch hinterherzuschwimmen. Auch wenn ich gar nicht so genau weiß, wo der sich jetzt herumtreibt. Sie würde da ja nicht unbedingt schwimmen gehen, wegen der Tigerhaie, ruft mir das Tauchladenmädel noch hinterher. Egal, ich renne wie ein Bekloppter zum Strand, jogge selbigen entlang, bis ich möglichst nahe an der Stelle bin, wo das zum Flugzeug gehörige Tauchboot herumfährt.

Naja, öhm, also das Wasser ist herrlich, gefühlt wärmer als am nördlichen Ningaloo Reef, aber es ist auch verdammt schlechte Sicht unter Wasser, was man Überwasser widerum nicht gleich sieht. Ein Stück weit ist mir das unheimlich, denn der güld'ne Lehrsatz lautet: "Der gefährlichste Hai ist der, den man nicht sieht." Und sehen tue ich gar nichts. Relativ schnell bin ich wieder aus dem Wasser und verbringe den Rest des Tages mit Lungern und ungefährlichem Surfen. Im Internet.

Der nächsten Tag begann mit einem Auffrischungstauchgang. Der war auch sicher nötig, da ich doch tatsächlich acht Jahre lang nicht mehr getaucht bin. Pervers, wie schnell die Zeit vergeht.

Bei weiteren Tauchgängen präsentierte sich eine tolle Unterwasserlandschaft, deren Farben hier ebenfalls allein schon durch das relativ trübe Wasser nicht so zur Geltung kamen, sofern überhaupt vorhanden. Von daher war das Schnorcheln mit einem Mantarochen auch nicht uneingeschränkt toll, da dieser immer wieder aus dem Sichtfeld verschwand. Haie und Seeschlangen habe ich leider immer noch nicht gesehen, dafür aber einen Haufen Meeresschildkröten und eine Buckelwälin nebst Kalb, die nahe am Boot entlang schwammen. Das war gut.


Mutter Buckel mit Kind

Coral Bay ist dagegen eher ungut, eine Touristenanlage ohne spannende Einrichtungen, aber dafür mit hohen Preisen. Deshalb habe ich mich gleich nach dem Tauchgang in Richtung Shark Bay aufgemacht.

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