Mittwoch, 30. Dezember 2009
Rottnest und der Rest
Um 7.30 Uhr geht das erste Schiff nach Rottnest Island. Die Insel selbst ist nicht zu auszumachen, denn der Wind hat über Nacht den Feuerrauch über das offene Meer getrieben und Rottnest vollständig eingehüllt. Etwa eine halbe Stunde später legt die Fähre an. Das 11 x 4,5 Kilometer große Eiland ist im Wesentlichen autofrei. Neben meiner Meinung nach völlig überflüssigen Bussen ist also der Drahtesel das Hauptfortbewegungsmittel. Wer sein Rad mit der Fähre zusammen gebucht hat, nimmt dieses noch am Anleger in Empfang und kann sofort losradeln.

Wie jetzt? Das ist alles? Auf den ostfriesischen Inseln müsste man dagegen die Steuererklärungen der vergangenen drei Jahre vorlegen und eine 40-seitige Haftungsübernahmeerklärung in Anwesenheit eines Notars unterschreiben, bevor man erfährt, dass man mit dem zu leihenden Rad nicht am Strand und nicht zu schnell und am Besten gar nicht fahren soll.

Hier scheint das ja trotzdem zu funktionieren. Eventuell sollten die Ostfriesen sich da mal entspannen lernen und Sand im Getriebe als natürlichen Teil des Geschäfts betrachten. Vielleicht aber sind deren Räder einfach nur schlecht.

Nicht lang, und der Besucher wird unweigerlich auf mindestens eines der possierlichen Tierchen treffen, denen die Insel ihren Namen verdankt. Als der niederländische Seefahrer Willem de Vlamingh im Jahre 1696 nämlich als erster Weißer die Insel betrat, hielt er die dort zahlreich lebenden Beuteltiere wenig phantasievoll für zu groß geratene Ratten. Also nannte er die Insel Rotte-nest, Rattennest. Heute werden die etwa katzengroßen Minikänguruhs in Anlehnung an ihren Aboriginal-Namen als Quokkas bezeichnet.


Ein "Quokka" - keine Ratte!

Der Hauptleuchtturm in Rottnests Mitte steht leider auch im Rauch. Normalerweise kann ich so einen Turm nicht unerklommen stehen lassen, selbst wenn Text und Inhalt der obligatorischen Führungen auf Dauer nicht viel Abwechslung versprechen. Gut, eigentlich ebenso wie die Leuchttürme selbst. Aber die finde ich ja toll und Fernblick nutzt sich für mich sowie nie ab.


Wadjemup Lighthouse

Mit Fernsicht ist heute allerdings eher nicht zu rechnen. Also verschiebe ich die Besichtigung auf später und fahre erst einmal weiter. Leider weiß ich jetzt nicht nur, woher Pauschaltourist Golding damals die Inspiration für den Titel zu seinem Buch Lord Of The Flies hatte, sondern auch, was ich vergessen habe mitzunehmen - die Fliegenklatsche. Wo der Wind schwach wird, übernehmen wieder die Fliegen. Irgendetwas bläst einem jedenfalls immer ins Gesicht. Diese Parasiten schaffen es tatsächlich, selbst so ausgeglichene Gemüter wie mich die Wände hoch zu treiben. In den vielen karibischen Buchten, die die Insel zu bieten hat, halte ich es deshalb nie lang aus und zum Baden ist es zu kalt. Schade, unter Wasser wäre es ziemlich verlässlich fliegenfrei. Umso mehr freut es mich, als ich den äußersten Westen der Insel erreiche. Der Wind ist zwar frisch, bläst dafür aber zu kräftig für die Fliegen. Das Meer ist kabbbelig und der Rauch hat sich zumindestens hier im Westen bereits verzogen.


Cape Vlamingh

Gegen Mittag hat sich der Rauch dann vollständig verflüchtigt und erlaubt bei der eiligst nachgeholten Führung einen Blick vom Leuchtturm über Insel und Meer, mit dem Feldstecher sogar bis nach Perth.


Plötzlich gibt's wieder Fernsicht

Und da die Sonne jetzt wieder ungehindert einstrahlen darf, kommen die schönen Buchten von Rottnest Island endlich zur angemessenen Geltung.


Ostküste der Insel

Die interessante Besichtigung einer Küstenbatterie aus dem
II. Weltkrieg nehme ich auch noch mit.


Oliver Hill Battery

Am Ende fordern 30 Kilometer Radelei über hügelige Dünenlandschaft der Insel aber ihren Tribut vom bürogestählten Körper. Also greife ich, wie heutzutage jeder Sportler, auf Drogen zurück und bringe mich mit Kaffee und Karottenkuchen wieder auf Vordermann. Zu ähnlichem Zwecke findet sich wohl auch Kollege Quokka in dem Café ein. Meine mittlerweile auf die Haut vulkanisierte Hose verspricht dem Tier rein witterungsmäßig leider mehr Nahrungsreste, als der Inhalt ihrer Taschen trotz genauen Nachsehens zu halten vermag.


Wer kann diesen Augen widerstehen?

Also werde ich schwach und halte mich als guter Tourist mit einem Stückchen meines Kuchens streng an die australische
don't feed-policy.


Na gut, weil du's bist ...

Während der Rückfahrt zum Festland denke ich mir, ich sollte im Nachhinein ein Dankesschreiben an die hirnverbrannte Buchungszentrale schicken. Ein Tag reicht nämlich völlig für die doch recht touristische Insel. Die Ferienhäuser sind reine Zweckbauten, wie in Zonensiedlungen zusammengefasst und wirken eher schäbig. Sicherlich hätte ich es dort trotzdem auch drei Tage aushalten können, mit der entsprechenden Muße.

Die habe ich aber selbstredend nicht. Sowie ich der Fähre entstiegen bin, besteige ich meine Droschke und fahre ein letztes Mal am großstädtischen Moloch Perth vorbei, diesmal in Richtung Nordosten. Denn einmal werd' ich nur noch wach, heißa dann ist Klostertach!

Unterwegs tönen wieder die so genannten Schadengrillen zum geöffneten Fenster herein. Dieses Geziefer produziert ein konstantes Klackgeräusch, ähnlich der Uhren einer Plastikmarke aus der Schweiz, nur schneller und lauter, wobei Letzteres kaum noch möglich ist. Das Lustige ist dabei, dass die Grillen sich untereinander abstimmen. Egal in welcher Geschwindigkeit man an ihnen vorbeifährt, man hört kilometerweit immer das gleiche Klacken in derselben Frequenz. Das kann Fahrer betagter Wagen ganz schön nervös machen.

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Dienstag, 29. Dezember 2009
Fremantle
Eigentlich wollte ich mehrere Tage auf Rottnest Island verbringen. Das Buchungssystem ist aber reichlich unorganisiert und bei allen Betreibern gleichermaßen schwachsinnig aufgebaut. Laut Prospekt kann man dort jeweils anrufen oder hinmailen. Mindestens in meinem Fall, also kurz vor der Hauptsaison, war es aber unmöglich, telefonisch jemanden zu erreichen. Per Mail erfährt man dann, dass Buchungen nur telefonisch oder direkt vor Ort möglich sind.

In Fremantle angekommen, buche ich bei den Idioten zur Strafe nur eine Tagestour ab nächsten Morgen und erkläre den desinteressierten Mitarbeitern, mein Geld nunmehr an anderer Stelle auszugeben. Auch wenn die Idioten das nicht mehr sehen können, kaufe ich besonders demonstrativ eine Eintrittskarte für das nahegelegene Western Australian Maritime Museum. Die schönen Exponate und Schiffsmodelle sind jetzt genau die richtige Zerstreuung.

Um fünf Uhr Nachmittags schloss dann nicht nur das Museum, sondern gleich die ganze Stadt. Bis auf wenige Läden war alles dicht, die Straßen wirkten wie an einem Sonntagsmorgen um kurz vor Sechs. Das war aber nun wirklich Pech. Dabei wollte ich beim sightseeing so gern shoppen gehen und dabei auf ganz viele Menschen treffen.

Fremantle ist soweit ein ganz angenehmes Städtchen. Richtung Nordosten geht der Ort zwar direkt in Perth über, im entspannten Zentrum merkt man davon aber nichts. Die Häuser sind niedrig und relativ alt. Manche wirken mit ihren Veranden ein bisschen wie in New Orleans. Hie und da gibt es sogar etwas Grün.


Downtown Fremantle

Und das Meer ist nie weit. Einen sturmumtosten Schlafplatz finde ich auf dem südlichen Maulwurf des Hafens. Ich mache mir zwar Sorgen, weil der auffrischende Wind die Gischt und damit das korrosive Salz in jede Ecke meines betagten Fahrzeugs treibt. Ansonsten lässt sich's aber kaum maritimer campen. Der Himmel klart gegen Abend sogar noch etwas auf und beschert mir einen schönen Sonnenuntergang.


Im Hafen von Fremantle

Mit Beginn der Dämmerung wird die Mole fast vollständig von Vietnamesen übernommen. Die trachten glücklicherweise nicht danach, mich mit Rauchware zu versorgen, sondern vielmehr das Hafenbecken vom störenden Fisch zu befreien.

Bis zum nächsten Morgen hat der Wind gedreht und sich glücklicherweise etwas abgeschwächt, denn der heutige Ausflug beruht auf Fahrradfahrerei. Keine Wolke ist am Himmel, trotzdem ist es diesig und Kokelduft liegt in der Luft. Doch erst einmal lässt mich um 5.15 Uhr ein lautes Tröten zunächst aus der Haut und bald auch aus dem Schlafsack fahren. Ein dicker Container-Pott aus Hamburg schiebt sich direkt vor meinen verquollenen Augen langsam in den Hafen. Für einen Augenblick durchzuckt es mich, beim Käpt"n nachzufragen, ob ich nicht mit in die Heimat zurückfahren könne. Das wäre so einfach!


Die "Heidelberg Express" fährt ein

Ist das nicht ein gediegener Ort zum Aufwachen? Wie an den Landungsbrücken in Hamburg. Nur besser. Und in Hamburg würde a) ich mich das gar nicht trauen, und b) die Polizei mich schnell verscheuchen. Wo kämen wir da denn hin?

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Mittwoch, 23. Dezember 2009
Vom Cape Naturaliste Richtung Norden
Sonntag, 13. Dezember 2009. Schon wieder ein warmer Morgen mit Sonnenschein! An der Wetterstation des Cap-Naturaliste-Leuchturms ist um 10 Uhr morgens bereits 30,1 Grad Celsius abzulesen. Die gefühlte Temperatur wird durch die heutige Windstille auch nicht niedriger. Das gibt mir wenigstens die Gelegenheit, mich zur Abwechslung über die verfluchte Hitze aufzuregen. Immerhin wird das Erspähen von Walen durch das wellenlose Meer deutlich vereinfacht.


Blick vom Leuchturm am Cape Naturaliste

Das Wasser in der nördlich liegenden Geographe Bay hat schon fast Badetemperatur, also springe ich zur Erfrischung kurz in die Fluten und fahre dann weiter.

Der Rest der Küste bis nach Perth ist wenig aufregend und durch Besiedlung, später auch durch unattraktive Industrieanlagen geprägt. Die Orte mit Feriensiedlungsatmosphäre sind im Wesentlichen Vororte ihrer selbst und nach us-amerikanischem Vorbild an der Küste aufgereiht. Endlose Einfallstraßen schmücken sich mit Shoppingmalls und Gewerbeeinheiten. Immerhin lockern Meer und Lagunen die Strukturen etwas auf. Je weiter man nach Norden kommt, desto intensiver werden auch die Strände genutzt.


Das ist noch harmlos

Leider dürfen überall Allradfahrzeuge an und auf den Strand fahren. Und dorthin, wo das nicht erlaubt ist, gelangt man als Spaziergänger sowieso nicht. Der Köter-Kack-Bereich wird ebenfalls gern ausgedehnt. Dazu kommen Jetskis, die auch nur denen Spaß machen, die sie selbst benutzen. So sind die Strände an diesem Teil der Küste meist keine Orte der Entspannung mehr.

Hie und da gibt es aber noch gefällige Ecken. Lookouts sind ja fast immer eine feine Sache. Oder der Tuart Forest NP mit dem Wonnerup House aus der Mitte des 19. Jahrhunderts - eine Wohltat für die Augen und Zeugnis der ersten Besiedlung dieser Gegend durch die Europäer.


Wonnerup House

Der erste Siedler, George Layman, beging leider den Fehler, einen Zwist unter den örtlichen Aboriginals schlichten zu wollen, anstatt die Streithähne einfach zu erschießen, wie es in dieser Zeit eigentlich das Standardverfahren des weißen Mannes zur kurzfristigen Problemlösung gewesen wäre. Insofern war das Erzürnen eines der Betroffenen noch möglich, der die unbotmäßige Einmischung prompt nach Art des schwarzen Mannes quittierte, nämlich mit einem Speerwurf. Diesen vertrug wiederum der weiße Mann nicht besonders gut. Die frisch gebackene Witwe wird sich gefragt haben, warum der Kerl nicht wenigstens dieses eine Mal die Schnauze hat halten können.

Im Städtchen Bunbury finde ich einen Schlafplatz auf einem Parkplatz direkt oberhalb des Strandes. Dort sitzt ein Typ mit Gitarre herum und schaut nur kurz herüber. Ich merke trotzdem gleich, wenn ich jetzt aussteige, droht Gesprächsnötigung. Ach was, wische ich den Gedanken weg, an manche Sachen in meiner fahrenden Rumpelkammer komme ich einfach besser von außen und steige aus.

Sofort hat mich der Exilserbe am Haken und ich kann mich nicht mehr herauswinden. Man sollte solche Leute ja nicht reizen. Er ist zwar freundlich und lädt mich sogar auf ein Kaltgetränk ein, ansonsten missbraucht er mich aber als Publikum, um mir unentwegt irgendetwas vorzuspielen. Das macht er ganz passabel, dennoch bin ich kein Freund von unfreiwilligen Planänderungen. Glücklicherweise fällt ihm irgendwann ein, dass er seine Frau schon längst irgendwo hätte abholen sollen. Mir fällt ein, dass ich hundemüde bin und ich lasse mich bald von der Brandung in den Schlaf rauschen.

Am nächsten Morgen türmen sich über dem Hinterland hohe Rauchberge auf. Es brennt mal wieder irgendwo. Jetzt ist klar, woher die Asche auf meinem Wagen kam. An der Westküste gerät deshalb aber niemand so schnell aus der Fassung. Es könnten durchaus planmäßig gelegte Feuer sein, mit denen man Totholz, trockene Blätter und Gräser reduziert, um im Falle eines natürlichen Feuers den Flammen keine Nahrung zu lassen. Auf diese Weise konnten große Katastrophen wie im Osten bisher recht gut verhindert werden. Warum die Ostaustralier nun nicht die gleichen Maßnahmen anwenden, um Schlimmeres zu verhindern, ist ein weiteres dieser ungeklärten Rätsel der Menscheit. Ein Ebensolches übrigens, wie das, warum derlei Ereignisse einfach aus nationalen Kohlendioxidbilanzen herausgerechnet werden können. Das ist doch völlig sinnfrei, denn die Belastung bleibt ja global bestehen.


Buschfeuer im Hinterland - mit freundlichem Gruß nach Kopenhagen

Nach bereits zwei vergeblichen Anläufen, ohne organisierte Tour mit Delphinen zu schwimmen, versuche ich ein letztes Mal in Rockingham mein Glück. Eine Besucherin irgendeines Visitor Centers hatte mir nämlich erzählt, sie sei in der hiesigen Shoalwater Bay jahrelang mit Delphinen geschwommen. 6 Uhr morgens sei tendenziell die beste Zeit, aber eigentlich seien immer welche da. Nur nicht, als ich dort bin. Wie ich im Fernglas erkenne, ergeht es Teilnehmern einer entsprechenden Tour auch nicht besser, deren Boot auf der erfolglosen Suche nach Delphinen vor der Küste hin- und herfährt.

Ich tröste mich mit der Tatsache, dass mir auf diese Weise wenigstens noch ein Highlight für einen kommenden Urlaub erhalten bleibt. Zudem ist das von Buchten eingefasste Cape Peron eine schöne Ecke im ansonsten langweiligen Rockingham und bietet vom ehemaligen Marinelookout tolle Ausblicke in alle Richtungen, bis nach Fremantle und Rottnest Island. Auch auf den Shag Rock. Selbstredend muss ich sofort im örtlichen Visitor Centre klären, woher denn der "Bumsfelsen" seinen Namen hat. Ich tue ganz ahnungslos, als die Mitarbeiterin errötet und mir lachend erklärt, der Name stamme von einem schwarzen Vogel. Soso. Bei der Gelegenheit hoffte ich außerdem zu ergründen, auf welche Schlange ich heute beinahe getreten wäre, die ich zunächst für einen etwa 40 cm langen Ast gehalten hatte.


Beim Verdauungsnickerchen gestörtes Schlängeltier

Bei der Bestimmung des Reptils waren sich die Damen im Center leider nicht so sicher. Abgesehen davon ist es in Australien grundsätzlich keine gute Idee, auf Schlangen zu treten.

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Dienstag, 15. Dezember 2009
Dunsborough
Die Strände im nördlichen Teil des Leeuwin-Naturaliste NP, der sich an der gesamten Westküste zwischenden gleichnamigen Kaps entlangzieht, sind jetzt nicht mehr sooo atemberaubend. Da bin ich mittlerweile etwas verwöhnt. Immerhin erspähe ich wieder ein paar Buckelwale, die gemächlich ihre Runden drehen. Und in der Bucht, wo ich mich für zwei Nächte häuslich niedergelassen habe, tummeln sich ein paar Tümmler. Dazu noch ein Leuchtturm der auch leuchtet und ich bin zufrieden, obwohl die Fliegen mich keine fünf Sekunden ungestört das Meer beobachten lassen. Aber das ist ja nur tagsüber. Für die Nacht verschwinden sie endlich und geben dafür den Mücken die Klinke in die Hand.

Der folgende Morgen beginnt warm. Ich mag es kaum glauben. Und das, was vom Wind übrig ist, weht ebenfalls warm daher. Sapperlot, kömmt der Sommer am End' doch noch? Um 8.30 Uhr trete ich in Dunsborough an. Von dort aus startet nämlich meine nächste Aktivität. Behuf dieser Unternehmung ist das Betauchen der HMAS Swan, eines ausgemusterten Zerstörers der australischen Marine, der ebenso fisch- wie taucherfreundlich in der Nähe der hiesigen Küste versenkt wurde. Zur Verdeutlichung der Stimmung Unterwasser habe ich im Tauchladen ein Foto von der Wand abfotografiert:


Die Brücke der HMAS Swan - noch ohne Bewuchs

In das 113 Meter lange Schiff sind zudem zahlreiche Öffnungen geschnitten worden, so dass man heute gut durch das Wrack schwimmen kann. Besonders schön finde ich dabei den Blick von innen aus dem Wrack heraus gegen das intensive Blau der See. Davon hing leider kein Foto an der Wand.

In einem Surfladen hatte ich dann endlich die Chance, ein geeignetes Surfboard für nur 100 Dollar zu erwerben. Aufgrund mangelnder Professionalität muss es für mich leider ein 8-Fuß-Brett sein. Das Teil passte zwar gerade noch in meinen Kombi, setzte aber voraus, dass ich meine Schlafgewohnheiten etwas umstelle. Künftig hätten Oberkörper und Unterkörper getrennt schlafen müssen. Das erschien mir als zu problematisch und ich verabschiedete mich vorerst von dem Traum eines eigenen Surfboards. Außerdem werde ich die nächsten zwei Monate sowieso nicht zum Surfen kommen.

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Höhlen
Die vergangene Woche ließ mich an der Höhlenstraße einige Male in die Unterwelt abtauchen. Das waren durchaus sehenswerte Abstecher. Es ist nicht verwunderlich, warum sich in früherer Zeit reichlich Mythen um die unterirdischen Kammern rankten. Im Schein flackender Kerzen oder Fackeln müssen die Höhlen auf ihre Entdecker erst recht als Reich von Fabelwesen und Dämonen gewirkt haben.


Jewel Cave

Ich habe vor allem diese unglaubliche Stille genossen. Falls ausnahmsweise mal alle ruhig waren. Dazu noch die totale Finsternis, wenn die guides die Lichter ausstellten, um einen Eindruck zu vermitteln, wie sich frühe Höhlenkundler gefühlt haben mussten, wenn wieder mal die Kerze ausgegangen war. Schwärzer geht's nimmer, man sieht tatsächlich nicht die Hand vor Augen. Wäre es draußen richtig warm, könnte man sich in den Grotten sogar noch herrlich abkühlen. In den meisten Fällen herrschen dort konstant 15 - 17 Grad Celsius.

Wirklich eine völlig andere Welt. Entstanden sind die Höhlen eigentlich immer durch unterirdische Flüsse, die im Laufe von Jahrhundertausenden Kammern ausspülten, die so lang in sich zusammengefallen sind, bis sie stabil blieben. Dann entstanden durch einsickerndes Wasser, das unterwegs Mineralien und dergleichen aufgenommen hat, im Laufe von weiteren Jahrtausenden die heute so schön anzuschauenden Tropfsteine.


Mammoth Cave

Die Englischsprachigen merken sich den Unterschied zwischen Stalagtiten und Stalagmiten übrigens folgendermaßen: stalagtites hold tight to the ceiling, während stalgmites might grow up. Das ist vielleicht jugendfreier als meine Methode, die sich bei den Stalagtiten lautmalerisch begründet. Und die Stalagmiten sind dann eben die anderen Teile.

Manchmal konnten die Höhlendecken der darüberliegenden Last nicht mehr standhalten und sind dann vollständig zusammengefallen, so dass sich an der Erdoberfläche eine Art Krater auftat. Ein doch augenfälliger Hinweis, dass da etwas ist.

Genauso ist beispielsweise die Lake Cave entdeckt worden. Ende des vorletzten Jahrhunderts reitet die holde Maid Fanny Bussel auf ihrem Ross ins Land hinaus, um versprengtem Vieh nachzustellen. Irgendwo bleibt ihr treues Tier plötzlich stehen und will partout nicht mehr weiter. Sie steigt also ab um nachzusehen warum. Nach ein paar Metern fand sie sich am Rand eines gewaltigen Kraters wieder, von dem vorher nichts zu sehen war. Faszinierend, wie Tiere sowas spüren können. Aufgeregt reitet Fanny nach Hause, um der Familie von ihrer Entdeckung zu berichten.

Kurz: Es ist den Bussels die nächsten 30 Jahre nicht gelungen, den Krater wiederzufinden, an dessen Boden sich dann der Eingang zur Höhle auftat. Das hätte mich ja wahnsinnig gemacht! Es zeigt aber erneut, wie riesig die Farmen hier sind. Die Lake Cave ist über 20 Kilometer vom Hof der Bussels entfernt.

Fast unglaublich ist, dass die Lake Cave ihren Namen von einem unterirdischen See hat. Wenn das Klima sich allerdings weiter abnorm entwickelt, werden sie die Höhle bereits in etwa fünf Jahren in "Dry Cave" umtaufen müssen, so die Prognose. Seit den 60er-Jahren gibt es nämlich konstant etwa 20 Prozent weniger Regen. Das klingt nach nüscht, ist geologisch betrachtet aber enorm und lässt die Quellen für den See langsam versiegen. Dazu kommen andere Einflüsse wie beispielsweise Baumschulen, deren durstige Eleven verdächtigt werden, ebenfalls ihren Teil zum Rückgang des unterirdischen Wassers beizutragen.

Manch andere Grotte bekam ihren Namen ebenfalls aufgrund besonderer Merkmale verpasst. In der Jewel Cave glitzerte eine Ecke wie Juwelen, was ein Mädchen unter den ersten Besuchern zu entsprechender Äußerung veranlasste, in der Mammoth Cave fanden Forscher viele Fossilien und die Ngilgi Cave bekam ihren Namen von zwei gläubigen Christen, die eines Sonntags nach dem Kirchgang wirklich nur ganz kurz in die Kneipe gegangen sind, um mal nachzuschauen, was da so los ist. Im anschließenden Vollrausch hatten sie sich verlaufen und waren direkt vor den Höhleneingang gestürzt. "Nnee, nlie, n-nglie, n-n-ngilgi gehjich dd-da 'rein", stammelte der Eine, angesichts des großen, schwarzen Lochs, das sich vor Ihnen auftat. "E-e-echt, nnnngilgi-ma-mals, dddu?", frug der Andere noch, bevor er zusammenbrach.

Heute wird Touristen gern die abstruse Geschichte verkauft, der Name ginge auf die örtlichen Aboriginals zurück. Ngilgi sei ein guter Geist, der einst den bösen Geist Wolgine aus der Höhle vertrieben habe.


In der Ngilgi Cave

Gerade kommt mir Picasso wieder in den Sinn, da ist die Straße der Höhlen auch schon zu Ende.

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Margaret River
Montag, 07. Dezember 2009. Zwischenzeitlich sind die Tage etwas länger geworden, was mit der örtlichen und der jahreszeitlichen Veränderung gemeinsam zu tun hat. Daher ist durchaus bis Acht Uhr noch Restlicht vorhanden, was mich oft bis tief in die Nacht, also bis etwa 22 Uhr wach bleiben lässt. Wenn es morgens und abends nicht weiterhin so frisch wäre, könnte ich mit der gewonnen Zeit direkt etwas anfangen, wenn ich nur wüsste, was.

Eigentlich ist es ja ganz schön, wenn es auch mal stürmt und bewölkt ist. Für's Surfen hätte ich aber nichts gegen gefälligeres Wetter. Allmählich frage ich mich, ob ich die Wellenreiterei nicht lieber an die Ostküste verlegen sollte. In zwei Monaten wird es da schön warm sein. Ach nein, da ist es ja jetzt schon höllenheiß. Aber nun bin ich schon mal hier, am weltberühmten Surfspot, zudem bereits ausgerüstet mit Neoprenanzug und vorteilhafter Kopfbedeckung, also Augen zu und 'rin inne Fluten. Für morgen habe ich mich einer Anfängergruppe angeschlossen und fahre heute nur noch zum Schauen an den berühmten Surfspot Margaret River Mouth.

Gut, das Meer ist da, die Wellen auch, aber irgendwie hätte ich mir das Ganze beeindruckender vorgestellt. Letztlich sehe ich hier nur eine kleine Bucht wie viele andere. Aber mit mehr Wassersportlern. Wie die Fliegen auf mir, so hängen die Surfer als kleine schwarze Punkte mit ihren Brettern in der Dünung und warten auf die perfekte Welle.


Wie die Fliegen!

Margaret River selbst ist, wie so oft, eine Ortschaft, die für mich nicht viel mehr bietet außer Visitor Center, Tankstelle, Supermarkt und Internetcafe. Weil der Campingplatz im Vorort Prevelly relativ weitläufig, schattig und günstig ist, kaufe ich mich für wahnwitzige vier Tage ein, um hier zu surfen und auch einmal eine geführte Tour mitzumachen. Das unausweichliche Thema Körper- und Wäschewaschen steht leider auch wieder auf dem Programm.

Beim netten Surflehrer Josh nehme ich nochmal Unterricht und das Surfen gelingt mir schon besser. Ich merke, das bleibt jetzt eine reine Frage der Übung und buche für den nächsten Tag nur noch das Surfbrett ohne Lehrgang. Joshs Kollegin ist trotzdem sehr freundlich und berechnet mir für die Boardleihe nur 10 Dollar, obwohl sie 20 bekäme. Einfach so.


Josh Palmateer mit Kollegin

Am Mittwoch kommt unter den ernstzunehmenden Surfern ganz plötzlich Unruhe auf. Und Josh, viermaliger Surfmeister Westaustraliens, schließt für Donnerstag seine Schule, denn es sind vier Meter hohe Wellen angekündigt. Wo die plötzlich herkommen und wieso die am Freitag wieder verschwunden sein werden, bleibt mir ein Rätsel. Die Surfer werden das aber gar nicht wissenschaftlich ergründen wollen.

Tatsächlich konnte ich am Donnerstag schon besser verstehen, warum es die Surfer hierher zieht. Die Wellenberge, die sich an diesem Morgen vor den Surfern aufbauten, waren teilweise doch recht imposant. Ausnahmsweise muss ich zugeben, dass die jetzt noch eine Nummer zu groß für mich wären. Wenn dann ein Surfer so eine Welle herunterreitet, sieht das wirklich toll aus.


Profi auf Welle

Bald muss ich das Schauspiel verlassen, denn um 11.15 Uhr werde ich zur "Wine for Dudes"-Tour abgeholt. Als Surfer am Margaret River bin ich ja endlich ein cooler Typ, eben ein Dude. Sofort hatte ich mich zur gleichnamigen Tour angemeldet, zu der ich sonst vermutlich gar nicht zugelassen worden wäre. Die Tatsache, dass Abholung und vor allem Ablieferung NACH den Weinproben Teil des Programms sind, hatte meine Entscheidung zugunsten dieser Aktivität nicht unerheblich beeinflusst.

Das Preis-/Leistungsverhältnis scheint hier wenigstens zu stimmen. Ansonsten kann ich mich gerade bei derlei Touren oft des Eindrucks einer Abzocke nicht erwehren. In den meisten Fällen sind die Preise seit Drucklegung meines Lonely Planet, Ausgabe November 2007, zudem ziemlich stark angestiegen, meist etwa 20 - 40 %, und werden derzeit, kurz vor der Hauptsaison, hie und da nochmals "angepasst". Das empfinde ich als ganz schön happig. Man könnte meinen, die Australier hätten den Euro eingeführt.

Tourleiterin Grace war engagiert, aber die ganze Veranstaltung lief unter spürbarem Zeitdruck ab. Immer wurden wir hochgescheucht, um weiter zu hetzen. Da hätten sie durchaus ein paar Programmpunkte weglassen können. So muss die Tour anfangs auch gewesen sein. Heute stimmt das "spitze" vom Lonely Planet jedenfalls nicht mehr. Aber es war doch schön, mal wieder auf nette Menschen zu treffen und etwas zu palavern.

Habe ich das jetzt wirklich gerade geschrieben? Es geht wohl bald zuende mit mir. Immerhin war die Tour auch ganz lustig. Sauferei ist der Entwicklung von Spaß ja nicht abträglich. Auf dem Campingplatz hing ich abends sogar noch auf einen Schnack mit zwei zutraulichen Päarchen aus Hamburg herum, bis es einfach zu kalt wurde.

Nachdem ich nun für ein Paar Tage in Margaret River Surfen gegangen bin und eine Tour mitgemacht habe, drängt es mich wieder weiter, auch wenn heute Abend irgendwo eine Surferparty steigen soll. Aber ich musste bereits vier Tage auf einem Campingplatz hausen und brauche jetzt dringend neuen Freiraum.

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Cape Leeuwin
Nachdem ich gestern noch zum Abschluss ein paar Runden durch die phantastischen Karri-Wälder im Warren NP bei Pemberton gedreht habe, wache ich heute bereits am Cape Leeuwin bei Augusta auf. Dort treffen der Southern Ocean und der Indian Ocean aufeinander. Wie gut zu erraten ist, wurde der Name dem niederländischen Schiff "Löwin" entlehnt, das bereits 1622 hier vorbeigesegelt ist. Der gleichnamige Leuchtturm soll der Höchste auf australischem Festland sein. Dann gibt es noch den höchsten Leuchtturm in ganz Australien, diesmal vorgelagerte Inseln eingeschlossen. Der steht auf King Island in der Bass Straight.


Cape Leeuwin Lighthouse

Überhaupt scheint es bei vielen Attraktionen ungeheuer wichtig zu sein, mit Superlativen aufzuwarten - auch wenn sie noch so albern sind. York ist beispielsweise die älteste Binnenstadt Australiens. Ah ja. Definiere "Stadt", "Binnen" und "alt". Ein gerade mal anderthalb Jahrhunderte altes Kuh-Kaff mit einer Handvoll Einwohnern, in das Touristen nur geraten sollten, wenn sie sich verfahren haben, wird auch als älteste Binnenstadt Australiens nicht interessanter.

Hach, ich bin ja schon so aufgeregt, dann auch die älteste Binnenstadt WESTaustraliens südlich des 32. Breitengrades aber östlich der 116. Longitude mit dem siebzehntflachsten Busch ganz Nordsüdostwestaustraliens, aber ohne Inseln, zu besuchen, durch die im Jahre 1906 an einem Sonntag mehr als drei Fremde geritten sind und sich dabei über das Wetter unterhalten haben. Nicht weit davon soll auch die älteste Binnenstadt Westaustraliens südlich des 32. Breitengrades aber östlich der 116. Longitude mit dem siebzehntflachsten Busch ganz Nordsüdostwestaustraliens, aber ohne Inseln, durch die im Jahre 1906 an einem Sonntag mehr als drei Fremde geritten sind und sich dabei über NICHTS unterhalten haben, liegen.

Nö Freunde, das reicht nicht.

Aber Damen aufgepasst, der Cape Leeuwin Leuchtturm ist etwa 46 Meter lang! Da ist es doch völlig egal, ob es vielleicht irgendwo noch einen Turm gibt, der unwesentlich länger ist?! Immerhin steht der Turm wie 'ne Eins - hier am südwestlichsten Punkt Australiens ... Das Wetter bekommt dagegen 'ne 4 Minus, weil es mal wieder in Schauern regnet. Mit der Fernsicht ist es daher nicht weit her.


Blick auf Southern und Indian Ocean

Zur Turmhöhe noch eine kurze Schlaumeierei: Anders als im wirklichen Leben, kommt es hier nicht so sehr auf die Länge des Turms an, sondern auf die Höhe des Lichts über dem Meer. Die Seefahrer unterscheiden da deutlich. Das Licht eines kurzen Turms auf hoher Klippe kann weit höher stehen, als das Licht eines hohen Turms auf flachem Grund. Länge und Höhe sind also Zweierlei. Davon unberührt bleibt natürlich die eigentliche Tragweite des Lichts, die von technischen Faktoren bestimmt wird. So, habt Ihr das jetzt kapiert, oder muss ich noch deutlicher werden?

Da das Wetter so garstig, die Athmosphäre im Cafe so angenehm und die Wirtschaft so nett ist, beschließe ich, da ich zudem noch unheimlich locker drauf bin, ein bisschen Schreibarbeit zu erledigen und dabei das Netbook aufzuladen.


Dufter Arbeitsplatz

Strom kommt aus der Decke und aus dem Kaffee, den ich bei diesem Wetter auch dringend brauche. Auf Dauer lerne ich, mich wieder an kleinen Dingen zu erfreuen, wie beispielsweise beim Tippen aufrecht an einem Tisch sitzen zu dürfen. Herrlich.

Der Ort Augusta ist sonst völlig unspektakulär. Das wird am heutigen Sonntag auch nicht besser und treibt mich zur nahen Jewel Cave, der ersten Höhle an einer Route mit dem vielsagendem Namen caves road. Über 360 Höhlen gibt es hier. Von denen sind aber nur wenige für Besucher geöffnet. Ein paar davon will ich mir ansehen.

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Ganz schön hoch
Mittlerweile ist klar, warum ich so angeschlagen bin: Meine Gesundheit hat der Kälte wohl endlich ihren Tribut gezollt. Es scheint sich eine Verschnupfung in mir breitmachen zu wollen. Ich habe Kopf, Auge und Nase. Kein Wunder eigentlich, bei der Dauerfröstelei. Vielleicht hat mich auch einer der freundlichen australischen Erreger am Haken. Deshalb verordnete ich mir zunächst mal, nein, keine Tütensuppe, obwohl die jetzt vermutlich genau das Richtige wäre. Das findet selbst Danni, die eigentlich immer auf dem Sprung ist:


a quick fill up ...

Vielmehr verordne ich mir Extrem-nix-doing und brauche deshalb bis halb Elf, bevor ich in die Pötte komme. Und schon geht es mir wieder besser.

Überall in dieser Region werden die Straßen von riesigen Karri-Bäumen gesäumt. Es ist toll, durch derart beeindruckende Alleen zu fahren. Leider ist die Höhe photographisch nicht gut darstellbar. Aber es kommt noch schlimmer, denn die Höchsten der Hohen hat man zwischen 1937 und 1952 zu einem Netzwerk von Feuerwachtürmen ausgebaut. Diese werden immer noch gemäß ihrer ursprünglichen Bestimmung genutzt, falls die heute gebräuchlichen spotter planes einmal nicht starten können.

Auto gezwergt durch Karri-Bäume

Drei der tree lookouts stehen sogar Urlaubern offen, die als des Wahnsinns kesse Beute die bis über 60 Meter hohen Plattformen erklimmen wollen. Der Weg nach nach oben ist nämlich keine entspannte Fahrt mit der Rolltreppe, sondern eine Kletterei über spiralförmig und mit ganz schön viel Zwischenraum in die Bäume gerammte Stahlstangen.









Diamond Tree Lookout

Das müsste man sich mal in Deutschland vorstellen, wo der Bürger vollständig entmündigt ist.


Aufstieg am Diamond Tree

In Australien geht sowas ganz ohne dreitägigen Lehrgang mit abschließendem Befähigungsnachweis, Sicherheitsnetz und vor Ort patroullierendem Sicherheits-beauftragten! Gedanken darüber, was passiert, wenn ich jetzt mit den Füßen mal eine der Stangen verfehle oder spontaner Angstschweiß meine Hände abrutschen lässt, schiebe ich als nicht förderlich beiseite. Insgesamt finde ich Auf- und Abstieg daher deutlich spannender, als die eigentliche Aussicht.



Am Bicentennial Tree Lookout

Kurz überkommt mich da der Gedanke, abends mit Luftmatratze und Schlafsack noch einmal den Gang nach oben zu wagen, um anderntags einmal ganz anders aufzuwachen. Aber das erschien mir doch als zu viel Aufwand für zu wenig Effekt und schon war ich wieder unterwegs.

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Walpole-Nornalup NP
Die ganze Gegend hier wird dominiert von großen Eukalyptusbäumen, vor allem durch die endemischen Tingle Trees und die drittgrößten Bäume der Welt, die bis zu 90 Meter hoch wachsenden Karri Trees. Entsprechend heißt ein Bereich das Valley Of The Giants. Dort findet sich der berühmte Tree Top Walk, eine 600 Meter lange Brückenkonstruktion aus Stahl, die den Besucher schwankend bis in 40 Meter Höhe zwischen die Baumkronen führt.


Tree Top Walk

Da eröffnen sich ganz ungewohnte Perspektiven, auch für den Magen. Der nahe Ancient Empire Walk mit bis zu 400 Jahre alten Tingle Trees ist ebenfalls ein tolles Erlebnis. Von denen bildet eine Art in Bodennähe relativ oft, aber eher unfreiwillig, große Hohlräume und erreicht dort Stammumfänge bis 20 Meter. Unfreiwillig deshalb, weil diese Löcher durch Feuer, Pilzbefall und Insektenfraß entstehen. Glücklicherweise haben die Bäumchen ja gelernt damit umzugehen.


Tingle Tree - Der Baum lebt noch!

Leider bin ich heute morgen schon mit so einem üblen Gefühl aufgewacht. In der Tat: Heute ist Misanthropie-Revival-Day. Schon wieder haben zwei weitere Touristen die Stirn, den Tree Top Walk begehen zu wollen. Das wären dann insgesamt sieben. Nee, ich muss hier weg. Die Umgebung hat ja noch mehr Schönes zu bieten.

Den Rest des Tages verbringe ich ansonsten im Internet und mit der Ölwechselbeauftragung. Wahnsinn, ich habe mittlerweile schon 10.000 Kilometer auf der Uhr. Da weint die Ökobilanz. Zum Ausgleich versuche ich jetzt weniger zu furzen, auch wenn die Tütensuppendiät daraus kein einfaches und schon gar kein spaßiges Unterfangen macht.

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Montag, 14. Dezember 2009
Endlich Surfen
Mittwoch, 2. Dezember 2009, Ocean Beach. Wieder ein saukalter Morgen. Dabei fällt mir plötzlich auf, dass ich schon ewig keine Termitenhügel mehr gesehen habe. Denen ist es hier vermutlich auch zu kalt. Im australischen Südwesten ist der Frühling in diesem Jahr leider wie bei uns. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Und Surfen mag ich mir bei dem ungemütlichen Wetter erst recht nicht vorstellen. Aber diese Bucht ist für Anfänger ideal und ich habe gestern bereits mit dem örtlichen Surflehrer einen Termin vereinbart. Jetzt gibt es kein zurück mehr für Weicheier. Um 9 Uhr bin ich wie verabredet am Strand. Pünktlich wie die Maurer, also gegen halb Zehn, erscheint auch Surflehrer Mike Neunuebel und will gleich mit dem Unterricht beginnen.


Mike Neunuebel, professioneller Surflehrer

Ich seufze ihm aber erstmal vor, wie schön es wäre, das Meer direkt vor Tür zu haben, um immer surfen.... "Nix da", unterbricht er mich, entweder ich wolle das und nähme dafür gegebenenfalls auch einen schlechteren Job in Kauf, oder ich wolle nicht. So einfach sei das. Man müsse eben Prioritäten setzen. Er habe schon einige Surfer gesehen, die wegen gut dotierter Jobs von der Küste weggezogen seien und sich in wenigen Jahren Sesselfurzerei zu fetten Walen entwickelt hätten. Nee, da bleibe er lieber an der Küste. Und seine Arbeit mache ihm immer noch Spaß.

Das merkt man ihm auch an. Der 51-Jährige kreischt beinahe mehr vor Freude über einen gelungenen Wellenritt, als der für seine Geduld berühmte Surfanfänger. Dem sind ein paar Manöver übrigens ganz gut gelungen - für den ersten Tag. Nach dreieinhalb Stunden reicht es aber für heute, ich spüre meine Knochen jetzt schon weit mehr, als nach den Bergbesteigungen.

Ich dürfe nunmehr mit Fug und Recht behaupten, ich sei gesurft, sagt mein Lehrer. Na bitte. Mike hat seinen Job aber auch super gemacht. Das hatte wirklich Hand und Fuß. Zudem habe ich endlich mal ein Surfboard "gedownwaxed", wie die Beach Boys es so eingänglich besingen. Zu meiner Schande muss ich allerdings gestehen, dass ich immer dachte, die Bretter werden von unten gewachst, wie Skier beim Skilaufen. Tatsächlich werden die Boards vor dem Gang ins Meer auf der Oberseite behandelt, um sie griffiger für Hände und Füße zu machen.

Was denn das Schwierigste am Surfen sei, wollte ich anfangs von Mike wissen. Ohne zu zögern sagt er: "Das Lesen der Wellen". Das wollte ich ihm nicht so recht glauben. Mir hatte eher das Balancieren auf dem Brett Sorgen bereitet. Tatsächlich war es auch so. Was am Strand in Trockenübungen lässig gelingt, verursacht im Meer doch größere Probleme.

Andererseits gibt's draußen über den Wellen kaum noch Fliegen, da versuche ich mich lieber dort auf dem wackeligen Brett, als am Strand mit der Theorie des Wellenlesens. Die Plagegeister nerven heute wieder enorm. Dem sei aber nicht immer so, erzählt Mike, sonst würde er es hier auch nicht dauerhaft aushalten. Es könne heute eventuell am ablandigen Wind liegen, der die Nervfliegen aus dem Inland an die Küste blase. Ein Grund mehr jedenfalls, den Unterricht bald ins Meer zu verlegen.

Am Ende war Mike sogar so nett, mir einen gebrauchten Neoprenanzug zu schenken, damit ich jetzt bloß nicht nachlasse und überall weiterübe, wo schöne Wellen sind! Ich könne, wenn ich es mir anders überlege mit meiner Rundreise, immer bei ihm den Wagen abstellen und hausen, um ordentlich weiterzusurfen. Potztausend! Das ist SEHR nett! Dieser Lehrer ist wirklich berufen.

Nach wenigen Kilometern Autofahrt bin ich schon wieder am nächsten Ziel. Da dies aber bereits um 4.15 pm seine Pforten schließt, suche ich mir einen Schlafplatz in der Nähe und hänge betont entspannt herum, soweit es die schmerzenden Knochen erlauben. Am Abend ist die Freude nochmal groß, als sich unter das tierische Abendkonzert von Grillen, Kühen und Kookaburras (ein Vogel namens "Lachender Hans") ein sonderbares Tierchen mischt, das Geräusche produziert, als würde jemand arhythmisch an einem Gummiband zupfen.

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