Donnerstag, 4. März 2010
Broken Hill und White Cliffs
cia, 06:24h
Wir schreiben Montag, den 15. Februar, im Jahre des Herrn 2010. Eigentlich habe ich ja genug vom Staub des Outback, der ewigen Hitze und trostlosen Kulturwüstlichkeit, die sich bereits kurz hinter dem Barossa Valley erneut auszubreiten beginnt und irgendwo in die nunmehr bekannte Halbwüste übergeht.
Nicht nur trostlos, sondern auch grünlos
Ein größerer Umweg muss aber noch sein, des Silbers und der Opale wegen. Wieder führt der Weg durch viele der immer gleich aussehenden, ebenso langweilig wie tot wirkenden Ortschaften. Wieder sind die anstrengenden Fliegen da. Irgendwann befinde ich mich nach Überfahren einer Grenze im nächsten Bundesland. Dort, in ganz New South Wales (NSW), gilt wieder eine neue Zeit, die Eastern Standard Time (EST). In ganz New South Wales? Nein, ein von unbeugsamen Neusüdwalisern bevölkerter Ort hört nicht auf, gegen die Landesregierung Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für Besucher dieses Landes, die man eher Zeitreisende nennen müsste.
Die Gemeinde Broken Hill hat nämlich aus Protest gegen die mangelnde Unterstützung aus Sydney nicht nur die Zeitzone von South Australia (SA) angenommen, sondern auch deren Telefonvorwahl. Ein vollständiges Überwechseln der damals sehr reichen Minenstadt nach SA konnte die Landesregierung mit Hilfe der Bundesregierung gerade noch verhindern. Während es also überall sonst in NSW mit der Eastern Standard Time 30 Minuten später ist, gilt in Broken Hill noch oder schon die südaustralische Central Standard Time. Damit wäre der Zeitzonenirrsinn auf diesem Kontinent dann wohl komplett.
Leider ist das auch schon das einzig wirklich Interessante, was es aus Broken Hill zu berichten gibt. Die Stadt wirkt zwar wie eine Miniaturausgabe von Kalgoorlie. Überall sind Abraumhalden zu sehen, nur dass der Bergbau sich hier um Silber, Blei und vor allem Zink dreht. Anders als in Kalgoorlie, pfeifen die Minen hier aber aus dem letzten Schacht, der Ort befindet sich auf dem absteigenden Ast und was das Schlimmste ist, es gibt auch keine Möglichkeiten, selbst ein wenig Silber zu schürfen.
Ehemalige Besuchermine in Broken Hill
Nun gut, dann fahre ich eben auf den Parkplatz einer Fastfood-Kette, wo man kostenlos per WiFi im Internet surfen kann, wobei deren Netzleistung nur zum Herunterladen von reinen Text-Mails ausreicht. Aber immerhin. Dann mache ich einen entscheidenden Fehler, indem ich mir denke, "ach was, jetzt gönnst Du Dir 'mal was" und mir zwei Burger zum Mittagessen kaufe. In nicht einmal fünf Minuten wandelt sich gleich der erste Bissen der vermeintlich festen Nahrung ohne Umwege direkt in den gasförmigen Aggregatzustand um. Ich hatte leider kurzzeitig verdrängt, was für ein unglaublicher Scheißfraß das bei McDonalds ist.
Nur ein kleiner, unachtsamer Moment, und ich muss diese Schwäche bitter bereuen. Denn ganzen restlichen Tag gähne ich vor mich hin, während mein Körper versucht, mit der außerirdischen Chemikalienmixtur fertig zu werden. Aber das muss man Fooddesignern von McDonalds lassen: Wie die es schaffen, gleichermaßen inhaltslose wie kalorienreiche Pappe derart schwer im Magen liegen zu lassen - chapeau! Ich muss mir wohl nochmal den Film Supersize Me anschauen, damit ich dauerhaft die Finger von diesem Müll lasse. Mit zwei Tonnen Übergewicht mache ich mich also behäbig Richtung Osten auf und hoffe, dass die Achsen des Wagens die zusätzliche Belastung aushalten.
Bald erscheint die Halbwüste links und auf der Seite vom anderen Links der Strecke in verdächtigem Grün. Tatsächlich sind sogar überschwemmte Bereiche zu sehen, an einer Stelle ist selbst der Highway überspült.
Kein' Bock auf Bildunterschrift
200 Kilometer weiter will ich dann in Wilcannia Richtung White Cliffs abbiegen. Eine Straßensperre verhindert das recht wirkungsvoll. Aber wieso ist hier eine Straßensperre? Ich hatte mich doch zuvor im Visitor Centre von Broken Hill ausgiebig über mein Reiseziel informiert und keinerlei entsprechende Information erhalten. Das ist ja eine tolle Hilfe gewesen. Bei der örtlichen Polizei erfahre ich dann leider, dass die Strecke tatsächlich immer noch unpassierbar sei. Es habe am Wochenende stark geregnet. Erst am Mittwoch früh würde die Sperre entfernt. Das kann doch nicht wahr sein! Ich müsste also zwei Nächte und einen Tag in diesem Kaff darauf warten.
Und in diesem Ort gibt es wirklich NICHTS außer der Hoffnung, schnellstmöglich wieder von hier weg zu kommen, wie mir die Tankstellenchefin erzählt. Sie habe die Schnauze voll von 50 Grad, 100 Prozent Luftfeuchtigkeit und den Leuten hier. Dabei deutet sie auf eine Narbe, die ihr ein betrunkener Aboriginal beigebracht hat. Alkohol ist ein riesiges Problem für die Ureinwohner Australiens. Nein, sie würde mit ihrem Mann nach Kanada auswandern, an einen Ort, wo das Meer in der Nähe sei und es Weihnachten richtigen Schnee gebe. Sie zähle schon die Tage.
Das könne ich gut verstehen, bedeute ich ihr, während ich meinerseits die Mücken zähle, die sich kamikazeartig auf meine Adern stürzen. Nicht eine kommt durch. Die Biester haben sich nach dem Regen in nur zwei Tagen offensichtlich explosionsartig vermehrt und sind mir Grund genug, den erwarteten Reichtum durch Opalfund gegen eine ungestörte Nachtruhe einzutauschen. Es reicht ja schon, wenn die sich nur VOR dem Mückennetz herumtreiben und dabei nervtötende Fluggeräusche machen. Also fahre ich hocherfreut wieder 200 Kilometer zurück und suche mir kurz hinter Broken Hill, aber kurz vor dem letzten Programmpunkt dieses höchst erfolgreichen 1.500-Kilometer-Abstechers im schwindenden Tageslicht einen Platz für die Nacht.
Dann liege ich so da und ärgere ich mich leider immer noch über den verpatzten Ausflug. Ich bin ja aus gutem Grund nicht in die heute weitaus bekanntere Opalhauptstadt Coober Pedy gefahren, die touristisch versaut ist und noch weniger auf meinem Weg liegt als White Cliffs am Ende der Welt, mitten im Outback. Nun werde ich nieeeee mehr die über 50.000 verlassenen Minenschächte sehen, die es dort geben soll und die Gegend in eine Mondlandschaft verwandelt haben, oder besser: In ein Land voll überdimensionierter Ameisenhügel.
Ameisenhügel. Links unten: Ameise mit Hut
flickr.com/photos/89428980@N00/193886867/
Zum Vergleich, nur in anderem Maßstab:
Echte Ameisenhügel
Bereits vor der Entdeckung des Opalfelds in Coober Pedy wurde der Boden von White Cliffs schon auf der Suche nach den wertvollen Steinchen durchwühlt. Zu besten Zeiten, um 1900, waren hier über 4.000 Glücksritter tätig. Noch heute gibt es einige aktive Claims. Wenn man beim Herumlaufen auf dem Gelände nicht in eines der ungesicherten Löcher fällt, kann man auch als Tourist in den verlassenen Buddellöchern nachschauen, ob die ehemaligen Inhaber nicht ein paar Opale übersehen haben. Tja, aus dem Abenteuer wird nun nüscht, dank Petrus. Dafür hat er mich bisher aber mit allzu extremen Wetterlagen verschont.
Allgemeine Information über den Ort gibt es unter http://www.whitecliffsopalfield.com.
Nicht nur trostlos, sondern auch grünlos
Ein größerer Umweg muss aber noch sein, des Silbers und der Opale wegen. Wieder führt der Weg durch viele der immer gleich aussehenden, ebenso langweilig wie tot wirkenden Ortschaften. Wieder sind die anstrengenden Fliegen da. Irgendwann befinde ich mich nach Überfahren einer Grenze im nächsten Bundesland. Dort, in ganz New South Wales (NSW), gilt wieder eine neue Zeit, die Eastern Standard Time (EST). In ganz New South Wales? Nein, ein von unbeugsamen Neusüdwalisern bevölkerter Ort hört nicht auf, gegen die Landesregierung Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für Besucher dieses Landes, die man eher Zeitreisende nennen müsste.
Die Gemeinde Broken Hill hat nämlich aus Protest gegen die mangelnde Unterstützung aus Sydney nicht nur die Zeitzone von South Australia (SA) angenommen, sondern auch deren Telefonvorwahl. Ein vollständiges Überwechseln der damals sehr reichen Minenstadt nach SA konnte die Landesregierung mit Hilfe der Bundesregierung gerade noch verhindern. Während es also überall sonst in NSW mit der Eastern Standard Time 30 Minuten später ist, gilt in Broken Hill noch oder schon die südaustralische Central Standard Time. Damit wäre der Zeitzonenirrsinn auf diesem Kontinent dann wohl komplett.
Leider ist das auch schon das einzig wirklich Interessante, was es aus Broken Hill zu berichten gibt. Die Stadt wirkt zwar wie eine Miniaturausgabe von Kalgoorlie. Überall sind Abraumhalden zu sehen, nur dass der Bergbau sich hier um Silber, Blei und vor allem Zink dreht. Anders als in Kalgoorlie, pfeifen die Minen hier aber aus dem letzten Schacht, der Ort befindet sich auf dem absteigenden Ast und was das Schlimmste ist, es gibt auch keine Möglichkeiten, selbst ein wenig Silber zu schürfen.
Ehemalige Besuchermine in Broken Hill
Nun gut, dann fahre ich eben auf den Parkplatz einer Fastfood-Kette, wo man kostenlos per WiFi im Internet surfen kann, wobei deren Netzleistung nur zum Herunterladen von reinen Text-Mails ausreicht. Aber immerhin. Dann mache ich einen entscheidenden Fehler, indem ich mir denke, "ach was, jetzt gönnst Du Dir 'mal was" und mir zwei Burger zum Mittagessen kaufe. In nicht einmal fünf Minuten wandelt sich gleich der erste Bissen der vermeintlich festen Nahrung ohne Umwege direkt in den gasförmigen Aggregatzustand um. Ich hatte leider kurzzeitig verdrängt, was für ein unglaublicher Scheißfraß das bei McDonalds ist.
Nur ein kleiner, unachtsamer Moment, und ich muss diese Schwäche bitter bereuen. Denn ganzen restlichen Tag gähne ich vor mich hin, während mein Körper versucht, mit der außerirdischen Chemikalienmixtur fertig zu werden. Aber das muss man Fooddesignern von McDonalds lassen: Wie die es schaffen, gleichermaßen inhaltslose wie kalorienreiche Pappe derart schwer im Magen liegen zu lassen - chapeau! Ich muss mir wohl nochmal den Film Supersize Me anschauen, damit ich dauerhaft die Finger von diesem Müll lasse. Mit zwei Tonnen Übergewicht mache ich mich also behäbig Richtung Osten auf und hoffe, dass die Achsen des Wagens die zusätzliche Belastung aushalten.
Bald erscheint die Halbwüste links und auf der Seite vom anderen Links der Strecke in verdächtigem Grün. Tatsächlich sind sogar überschwemmte Bereiche zu sehen, an einer Stelle ist selbst der Highway überspült.
Kein' Bock auf Bildunterschrift
200 Kilometer weiter will ich dann in Wilcannia Richtung White Cliffs abbiegen. Eine Straßensperre verhindert das recht wirkungsvoll. Aber wieso ist hier eine Straßensperre? Ich hatte mich doch zuvor im Visitor Centre von Broken Hill ausgiebig über mein Reiseziel informiert und keinerlei entsprechende Information erhalten. Das ist ja eine tolle Hilfe gewesen. Bei der örtlichen Polizei erfahre ich dann leider, dass die Strecke tatsächlich immer noch unpassierbar sei. Es habe am Wochenende stark geregnet. Erst am Mittwoch früh würde die Sperre entfernt. Das kann doch nicht wahr sein! Ich müsste also zwei Nächte und einen Tag in diesem Kaff darauf warten.
Und in diesem Ort gibt es wirklich NICHTS außer der Hoffnung, schnellstmöglich wieder von hier weg zu kommen, wie mir die Tankstellenchefin erzählt. Sie habe die Schnauze voll von 50 Grad, 100 Prozent Luftfeuchtigkeit und den Leuten hier. Dabei deutet sie auf eine Narbe, die ihr ein betrunkener Aboriginal beigebracht hat. Alkohol ist ein riesiges Problem für die Ureinwohner Australiens. Nein, sie würde mit ihrem Mann nach Kanada auswandern, an einen Ort, wo das Meer in der Nähe sei und es Weihnachten richtigen Schnee gebe. Sie zähle schon die Tage.
Das könne ich gut verstehen, bedeute ich ihr, während ich meinerseits die Mücken zähle, die sich kamikazeartig auf meine Adern stürzen. Nicht eine kommt durch. Die Biester haben sich nach dem Regen in nur zwei Tagen offensichtlich explosionsartig vermehrt und sind mir Grund genug, den erwarteten Reichtum durch Opalfund gegen eine ungestörte Nachtruhe einzutauschen. Es reicht ja schon, wenn die sich nur VOR dem Mückennetz herumtreiben und dabei nervtötende Fluggeräusche machen. Also fahre ich hocherfreut wieder 200 Kilometer zurück und suche mir kurz hinter Broken Hill, aber kurz vor dem letzten Programmpunkt dieses höchst erfolgreichen 1.500-Kilometer-Abstechers im schwindenden Tageslicht einen Platz für die Nacht.
Dann liege ich so da und ärgere ich mich leider immer noch über den verpatzten Ausflug. Ich bin ja aus gutem Grund nicht in die heute weitaus bekanntere Opalhauptstadt Coober Pedy gefahren, die touristisch versaut ist und noch weniger auf meinem Weg liegt als White Cliffs am Ende der Welt, mitten im Outback. Nun werde ich nieeeee mehr die über 50.000 verlassenen Minenschächte sehen, die es dort geben soll und die Gegend in eine Mondlandschaft verwandelt haben, oder besser: In ein Land voll überdimensionierter Ameisenhügel.
Ameisenhügel. Links unten: Ameise mit Hut
flickr.com/photos/89428980@N00/193886867/
Zum Vergleich, nur in anderem Maßstab:
Echte Ameisenhügel
Bereits vor der Entdeckung des Opalfelds in Coober Pedy wurde der Boden von White Cliffs schon auf der Suche nach den wertvollen Steinchen durchwühlt. Zu besten Zeiten, um 1900, waren hier über 4.000 Glücksritter tätig. Noch heute gibt es einige aktive Claims. Wenn man beim Herumlaufen auf dem Gelände nicht in eines der ungesicherten Löcher fällt, kann man auch als Tourist in den verlassenen Buddellöchern nachschauen, ob die ehemaligen Inhaber nicht ein paar Opale übersehen haben. Tja, aus dem Abenteuer wird nun nüscht, dank Petrus. Dafür hat er mich bisher aber mit allzu extremen Wetterlagen verschont.
Allgemeine Information über den Ort gibt es unter http://www.whitecliffsopalfield.com.