Donnerstag, 31. Dezember 2009
Tag 15
cia, 05:46h
GUTEN RUTSCH INS JAHR 2010!!!
Sylvester Stillleben
Der Festschmaus ist schon vorbereitet. Das wird heut' eine Mordsgaudi, jipppiiiieeee.
Doch zunächst einmal wache ich ganz ohne kakadutypisches Gezeter auf. Heute waren sich wohl ausnahmsweise alle einig über den Tagesablauf. Zur Abwechslung begrüßt mich statt dessen ein Fühlerpaar, das sich gemächlich auf und ab bewegt. Zu den Fühlern gehört eine eklig glänzende Monsterkakerlake die auch gleich begrüße, und zwar mit einem Schuh. Leider ist das liderliche Vieh gerissen und hängt unerreichbar unter der hohen Zimmerdecke. So braucht es viel zu viele Versuche, bis Gottes Geschöpf endlich bei Satan angekommen ist. Ohne Gewissensbisse habe ich das Tier auf dem Altar meiner Nachtruhe geopfert und dem Herrn sei's gepriesen, dass daraus keine Paranoia entstanden ist.
Überall sonst wäre ich durchgedreht. Hier bin ich nur froh, dass es kein Giftgetier war und ertrage die Tatsache, dass weitere Kollegen der Kakerlake in meiner Matratze hausen oder sich wenigstens unter dem riesigen Türschlitz hindurch in meine Kammer schleichen könnten, mit erstaunlicher Gelassenheit.
Da die Kantenschneiderei im Garten zwischenzeitlich beendet war, hatte ich schon vor Weihnachten einen neuen Auftrag bekommen, der mich sicherlich einige Wochen beschäftigen wird: Ich soll rings um das Klostergebäude Spinnweben und Schwalbenguano entfernen, den die eifrig unter den Verandadächern nistenden Piepmätze produzieren. Kurz: Ich mache jetzt in Scheiße. Mit Staubwedel, Besen und Schrubber bewaffnet, ziehe ich seit Tagen bereits um das Gemäuer und lerne die Spinnen das Fürchten. Manchmal ist es aber auch andersherum, wenn ich unverhofft eine der Rotrückenspinnen aufscheuche. Unheimlich, die handtellergroßen Achtbeinerinnen, tiefschwarz, über und über behaart und mit einem rötlichen Streifen auf dem üppigen Hinterteil, jederzeit bereit zum tödlichen Sprung an des Störenfrieds Kehle, wo sie ihre etwa fünf Zentimeter langen Giftzähne in den schutzlosen Hals rammen und das Opfer binnen zwei Minuten vollständig aussaugen.
Redback Spider - da trau' ich mich nur von hinten 'ran
Wenn man den Umstand des Scheißeschrubbens und der allgegenwärtigen Gefahr von Spinnenattacken außer Acht lässt, ist diese Arbeit sogar recht meditativ und lässt genug Raum für das Umherscheifen von Gedanken:
Dem Leben als Mönch kann ich durchaus etwas abgewinnen. Die Kleidung zum Beispiel. Hier gibt es im Sommer die weiße, im Winter die schwarze Kutte. Fertig. Sonst muss ich mir täglich auf's Neue überlegen, welches von den rosafarbenen T-Shirts ich anziehen soll. Dann gibt es regelmäßiges Essen zu festen Zeiten, um dessen Zubereitung oder gar vorbereitende Einkäufe sich die Mönche heutzutage nicht mehr kümmern müssen. Auch der sonstige Tag bietet keine verwirrende Variablen sondern ist präzise in Arbeitszeit und Gebete aufgeteilt. Das Leben als Neutrum wäre mir, Termite die ich bin, mittlerweile auch egal.
Andererseits hat das Klosterleben durchaus auch Nachteile. Insbesondere sind hier die immergleiche Kleidung, das routinöse Essen, der klar geregelte Tagesablauf und der Zölibat zu nennen. An das Hochgeschwindigkeitsessen habe ich mich mittlerweile zwar einigermaßen gewöhnt. Aber ich musste mich zumindestens in New Norcia von meiner romantischen Vorstellung klösterlichen Lebens verabschieden, wo gemütliche Mönche, fern von weltlichen Nervereien, mit einem Psalm auf den Lippen geruhsam ihrer täglichen Arbeit nachgehen, beispielsweise im Kräutergarten, zwischendurch auf der Bank ein Selbstgebrautes schlürfen und gelegentlich ein Schwätzchen halten.
Von Geruhsamkeit keine Spur. Nach dem Essen verschwinden die Mönche normalerweise wieder so schnell in irgendwelche Ecken der Anlage, aus denen sie zuvor erschienen waren. Für mich bleibt daher keine Gelegenheit, einen mal etwas intensiver auszufragen. In besten Zeiten gehörten fast 70 Mönche zum Kloster, heute sind es gerade noch neun, von denen vier auch noch dauerhaft außerhalb zu Gange sind. Bleiben nur noch Fünnef vor Ort. Die Arbeit, die früher die Mönche selbst erledigten, übernehmen heute 73 Angestellte. Der ganze Laden wird als Incorporated geführt, deren aktive Anteilseigner die Mönche sind und sie entsprechend mit weltlichen Problemen belastet. Nein, so wird dann doch kein Mönch aus mir.
Nachdem nun die Arbeit für heute getan ist, hänge ich noch etwas herum und verbringe den Sylvesterabend in Gesellschaft von Mr. Pommeroy, Sir Toby, Admiral von Schneider und Mr. Winterbottom mit Patiencen-Legen. Im Computer zwar, aber es bleiben Patiencen. Ich fühle mich also nicht nur wie 90, ich verhalte mich auch schon so - denke ich mir und mache um halb Zehn das Licht aus. Wahnsinn, jetzt bin ich schon 80 Tage in Australien und bereits zwei Wochen im Kloster, schießt es mir noch durch den Kopf, bevor ich in das Land der Träume hinübergleite.
Sylvester Stillleben
Der Festschmaus ist schon vorbereitet. Das wird heut' eine Mordsgaudi, jipppiiiieeee.
Doch zunächst einmal wache ich ganz ohne kakadutypisches Gezeter auf. Heute waren sich wohl ausnahmsweise alle einig über den Tagesablauf. Zur Abwechslung begrüßt mich statt dessen ein Fühlerpaar, das sich gemächlich auf und ab bewegt. Zu den Fühlern gehört eine eklig glänzende Monsterkakerlake die auch gleich begrüße, und zwar mit einem Schuh. Leider ist das liderliche Vieh gerissen und hängt unerreichbar unter der hohen Zimmerdecke. So braucht es viel zu viele Versuche, bis Gottes Geschöpf endlich bei Satan angekommen ist. Ohne Gewissensbisse habe ich das Tier auf dem Altar meiner Nachtruhe geopfert und dem Herrn sei's gepriesen, dass daraus keine Paranoia entstanden ist.
Überall sonst wäre ich durchgedreht. Hier bin ich nur froh, dass es kein Giftgetier war und ertrage die Tatsache, dass weitere Kollegen der Kakerlake in meiner Matratze hausen oder sich wenigstens unter dem riesigen Türschlitz hindurch in meine Kammer schleichen könnten, mit erstaunlicher Gelassenheit.
Da die Kantenschneiderei im Garten zwischenzeitlich beendet war, hatte ich schon vor Weihnachten einen neuen Auftrag bekommen, der mich sicherlich einige Wochen beschäftigen wird: Ich soll rings um das Klostergebäude Spinnweben und Schwalbenguano entfernen, den die eifrig unter den Verandadächern nistenden Piepmätze produzieren. Kurz: Ich mache jetzt in Scheiße. Mit Staubwedel, Besen und Schrubber bewaffnet, ziehe ich seit Tagen bereits um das Gemäuer und lerne die Spinnen das Fürchten. Manchmal ist es aber auch andersherum, wenn ich unverhofft eine der Rotrückenspinnen aufscheuche. Unheimlich, die handtellergroßen Achtbeinerinnen, tiefschwarz, über und über behaart und mit einem rötlichen Streifen auf dem üppigen Hinterteil, jederzeit bereit zum tödlichen Sprung an des Störenfrieds Kehle, wo sie ihre etwa fünf Zentimeter langen Giftzähne in den schutzlosen Hals rammen und das Opfer binnen zwei Minuten vollständig aussaugen.
Redback Spider - da trau' ich mich nur von hinten 'ran
Wenn man den Umstand des Scheißeschrubbens und der allgegenwärtigen Gefahr von Spinnenattacken außer Acht lässt, ist diese Arbeit sogar recht meditativ und lässt genug Raum für das Umherscheifen von Gedanken:
Dem Leben als Mönch kann ich durchaus etwas abgewinnen. Die Kleidung zum Beispiel. Hier gibt es im Sommer die weiße, im Winter die schwarze Kutte. Fertig. Sonst muss ich mir täglich auf's Neue überlegen, welches von den rosafarbenen T-Shirts ich anziehen soll. Dann gibt es regelmäßiges Essen zu festen Zeiten, um dessen Zubereitung oder gar vorbereitende Einkäufe sich die Mönche heutzutage nicht mehr kümmern müssen. Auch der sonstige Tag bietet keine verwirrende Variablen sondern ist präzise in Arbeitszeit und Gebete aufgeteilt. Das Leben als Neutrum wäre mir, Termite die ich bin, mittlerweile auch egal.
Andererseits hat das Klosterleben durchaus auch Nachteile. Insbesondere sind hier die immergleiche Kleidung, das routinöse Essen, der klar geregelte Tagesablauf und der Zölibat zu nennen. An das Hochgeschwindigkeitsessen habe ich mich mittlerweile zwar einigermaßen gewöhnt. Aber ich musste mich zumindestens in New Norcia von meiner romantischen Vorstellung klösterlichen Lebens verabschieden, wo gemütliche Mönche, fern von weltlichen Nervereien, mit einem Psalm auf den Lippen geruhsam ihrer täglichen Arbeit nachgehen, beispielsweise im Kräutergarten, zwischendurch auf der Bank ein Selbstgebrautes schlürfen und gelegentlich ein Schwätzchen halten.
Von Geruhsamkeit keine Spur. Nach dem Essen verschwinden die Mönche normalerweise wieder so schnell in irgendwelche Ecken der Anlage, aus denen sie zuvor erschienen waren. Für mich bleibt daher keine Gelegenheit, einen mal etwas intensiver auszufragen. In besten Zeiten gehörten fast 70 Mönche zum Kloster, heute sind es gerade noch neun, von denen vier auch noch dauerhaft außerhalb zu Gange sind. Bleiben nur noch Fünnef vor Ort. Die Arbeit, die früher die Mönche selbst erledigten, übernehmen heute 73 Angestellte. Der ganze Laden wird als Incorporated geführt, deren aktive Anteilseigner die Mönche sind und sie entsprechend mit weltlichen Problemen belastet. Nein, so wird dann doch kein Mönch aus mir.
Nachdem nun die Arbeit für heute getan ist, hänge ich noch etwas herum und verbringe den Sylvesterabend in Gesellschaft von Mr. Pommeroy, Sir Toby, Admiral von Schneider und Mr. Winterbottom mit Patiencen-Legen. Im Computer zwar, aber es bleiben Patiencen. Ich fühle mich also nicht nur wie 90, ich verhalte mich auch schon so - denke ich mir und mache um halb Zehn das Licht aus. Wahnsinn, jetzt bin ich schon 80 Tage in Australien und bereits zwei Wochen im Kloster, schießt es mir noch durch den Kopf, bevor ich in das Land der Träume hinübergleite.