Dienstag, 15. Dezember 2009
Höhlen
Die vergangene Woche ließ mich an der Höhlenstraße einige Male in die Unterwelt abtauchen. Das waren durchaus sehenswerte Abstecher. Es ist nicht verwunderlich, warum sich in früherer Zeit reichlich Mythen um die unterirdischen Kammern rankten. Im Schein flackender Kerzen oder Fackeln müssen die Höhlen auf ihre Entdecker erst recht als Reich von Fabelwesen und Dämonen gewirkt haben.


Jewel Cave

Ich habe vor allem diese unglaubliche Stille genossen. Falls ausnahmsweise mal alle ruhig waren. Dazu noch die totale Finsternis, wenn die guides die Lichter ausstellten, um einen Eindruck zu vermitteln, wie sich frühe Höhlenkundler gefühlt haben mussten, wenn wieder mal die Kerze ausgegangen war. Schwärzer geht's nimmer, man sieht tatsächlich nicht die Hand vor Augen. Wäre es draußen richtig warm, könnte man sich in den Grotten sogar noch herrlich abkühlen. In den meisten Fällen herrschen dort konstant 15 - 17 Grad Celsius.

Wirklich eine völlig andere Welt. Entstanden sind die Höhlen eigentlich immer durch unterirdische Flüsse, die im Laufe von Jahrhundertausenden Kammern ausspülten, die so lang in sich zusammengefallen sind, bis sie stabil blieben. Dann entstanden durch einsickerndes Wasser, das unterwegs Mineralien und dergleichen aufgenommen hat, im Laufe von weiteren Jahrtausenden die heute so schön anzuschauenden Tropfsteine.


Mammoth Cave

Die Englischsprachigen merken sich den Unterschied zwischen Stalagtiten und Stalagmiten übrigens folgendermaßen: stalagtites hold tight to the ceiling, während stalgmites might grow up. Das ist vielleicht jugendfreier als meine Methode, die sich bei den Stalagtiten lautmalerisch begründet. Und die Stalagmiten sind dann eben die anderen Teile.

Manchmal konnten die Höhlendecken der darüberliegenden Last nicht mehr standhalten und sind dann vollständig zusammengefallen, so dass sich an der Erdoberfläche eine Art Krater auftat. Ein doch augenfälliger Hinweis, dass da etwas ist.

Genauso ist beispielsweise die Lake Cave entdeckt worden. Ende des vorletzten Jahrhunderts reitet die holde Maid Fanny Bussel auf ihrem Ross ins Land hinaus, um versprengtem Vieh nachzustellen. Irgendwo bleibt ihr treues Tier plötzlich stehen und will partout nicht mehr weiter. Sie steigt also ab um nachzusehen warum. Nach ein paar Metern fand sie sich am Rand eines gewaltigen Kraters wieder, von dem vorher nichts zu sehen war. Faszinierend, wie Tiere sowas spüren können. Aufgeregt reitet Fanny nach Hause, um der Familie von ihrer Entdeckung zu berichten.

Kurz: Es ist den Bussels die nächsten 30 Jahre nicht gelungen, den Krater wiederzufinden, an dessen Boden sich dann der Eingang zur Höhle auftat. Das hätte mich ja wahnsinnig gemacht! Es zeigt aber erneut, wie riesig die Farmen hier sind. Die Lake Cave ist über 20 Kilometer vom Hof der Bussels entfernt.

Fast unglaublich ist, dass die Lake Cave ihren Namen von einem unterirdischen See hat. Wenn das Klima sich allerdings weiter abnorm entwickelt, werden sie die Höhle bereits in etwa fünf Jahren in "Dry Cave" umtaufen müssen, so die Prognose. Seit den 60er-Jahren gibt es nämlich konstant etwa 20 Prozent weniger Regen. Das klingt nach nüscht, ist geologisch betrachtet aber enorm und lässt die Quellen für den See langsam versiegen. Dazu kommen andere Einflüsse wie beispielsweise Baumschulen, deren durstige Eleven verdächtigt werden, ebenfalls ihren Teil zum Rückgang des unterirdischen Wassers beizutragen.

Manch andere Grotte bekam ihren Namen ebenfalls aufgrund besonderer Merkmale verpasst. In der Jewel Cave glitzerte eine Ecke wie Juwelen, was ein Mädchen unter den ersten Besuchern zu entsprechender Äußerung veranlasste, in der Mammoth Cave fanden Forscher viele Fossilien und die Ngilgi Cave bekam ihren Namen von zwei gläubigen Christen, die eines Sonntags nach dem Kirchgang wirklich nur ganz kurz in die Kneipe gegangen sind, um mal nachzuschauen, was da so los ist. Im anschließenden Vollrausch hatten sie sich verlaufen und waren direkt vor den Höhleneingang gestürzt. "Nnee, nlie, n-nglie, n-n-ngilgi gehjich dd-da 'rein", stammelte der Eine, angesichts des großen, schwarzen Lochs, das sich vor Ihnen auftat. "E-e-echt, nnnngilgi-ma-mals, dddu?", frug der Andere noch, bevor er zusammenbrach.

Heute wird Touristen gern die abstruse Geschichte verkauft, der Name ginge auf die örtlichen Aboriginals zurück. Ngilgi sei ein guter Geist, der einst den bösen Geist Wolgine aus der Höhle vertrieben habe.


In der Ngilgi Cave

Gerade kommt mir Picasso wieder in den Sinn, da ist die Straße der Höhlen auch schon zu Ende.