Montag, 14. Dezember 2009
Endlich Surfen
Mittwoch, 2. Dezember 2009, Ocean Beach. Wieder ein saukalter Morgen. Dabei fällt mir plötzlich auf, dass ich schon ewig keine Termitenhügel mehr gesehen habe. Denen ist es hier vermutlich auch zu kalt. Im australischen Südwesten ist der Frühling in diesem Jahr leider wie bei uns. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Und Surfen mag ich mir bei dem ungemütlichen Wetter erst recht nicht vorstellen. Aber diese Bucht ist für Anfänger ideal und ich habe gestern bereits mit dem örtlichen Surflehrer einen Termin vereinbart. Jetzt gibt es kein zurück mehr für Weicheier. Um 9 Uhr bin ich wie verabredet am Strand. Pünktlich wie die Maurer, also gegen halb Zehn, erscheint auch Surflehrer Mike Neunuebel und will gleich mit dem Unterricht beginnen.


Mike Neunuebel, professioneller Surflehrer

Ich seufze ihm aber erstmal vor, wie schön es wäre, das Meer direkt vor Tür zu haben, um immer surfen.... "Nix da", unterbricht er mich, entweder ich wolle das und nähme dafür gegebenenfalls auch einen schlechteren Job in Kauf, oder ich wolle nicht. So einfach sei das. Man müsse eben Prioritäten setzen. Er habe schon einige Surfer gesehen, die wegen gut dotierter Jobs von der Küste weggezogen seien und sich in wenigen Jahren Sesselfurzerei zu fetten Walen entwickelt hätten. Nee, da bleibe er lieber an der Küste. Und seine Arbeit mache ihm immer noch Spaß.

Das merkt man ihm auch an. Der 51-Jährige kreischt beinahe mehr vor Freude über einen gelungenen Wellenritt, als der für seine Geduld berühmte Surfanfänger. Dem sind ein paar Manöver übrigens ganz gut gelungen - für den ersten Tag. Nach dreieinhalb Stunden reicht es aber für heute, ich spüre meine Knochen jetzt schon weit mehr, als nach den Bergbesteigungen.

Ich dürfe nunmehr mit Fug und Recht behaupten, ich sei gesurft, sagt mein Lehrer. Na bitte. Mike hat seinen Job aber auch super gemacht. Das hatte wirklich Hand und Fuß. Zudem habe ich endlich mal ein Surfboard "gedownwaxed", wie die Beach Boys es so eingänglich besingen. Zu meiner Schande muss ich allerdings gestehen, dass ich immer dachte, die Bretter werden von unten gewachst, wie Skier beim Skilaufen. Tatsächlich werden die Boards vor dem Gang ins Meer auf der Oberseite behandelt, um sie griffiger für Hände und Füße zu machen.

Was denn das Schwierigste am Surfen sei, wollte ich anfangs von Mike wissen. Ohne zu zögern sagt er: "Das Lesen der Wellen". Das wollte ich ihm nicht so recht glauben. Mir hatte eher das Balancieren auf dem Brett Sorgen bereitet. Tatsächlich war es auch so. Was am Strand in Trockenübungen lässig gelingt, verursacht im Meer doch größere Probleme.

Andererseits gibt's draußen über den Wellen kaum noch Fliegen, da versuche ich mich lieber dort auf dem wackeligen Brett, als am Strand mit der Theorie des Wellenlesens. Die Plagegeister nerven heute wieder enorm. Dem sei aber nicht immer so, erzählt Mike, sonst würde er es hier auch nicht dauerhaft aushalten. Es könne heute eventuell am ablandigen Wind liegen, der die Nervfliegen aus dem Inland an die Küste blase. Ein Grund mehr jedenfalls, den Unterricht bald ins Meer zu verlegen.

Am Ende war Mike sogar so nett, mir einen gebrauchten Neoprenanzug zu schenken, damit ich jetzt bloß nicht nachlasse und überall weiterübe, wo schöne Wellen sind! Ich könne, wenn ich es mir anders überlege mit meiner Rundreise, immer bei ihm den Wagen abstellen und hausen, um ordentlich weiterzusurfen. Potztausend! Das ist SEHR nett! Dieser Lehrer ist wirklich berufen.

Nach wenigen Kilometern Autofahrt bin ich schon wieder am nächsten Ziel. Da dies aber bereits um 4.15 pm seine Pforten schließt, suche ich mir einen Schlafplatz in der Nähe und hänge betont entspannt herum, soweit es die schmerzenden Knochen erlauben. Am Abend ist die Freude nochmal groß, als sich unter das tierische Abendkonzert von Grillen, Kühen und Kookaburras (ein Vogel namens "Lachender Hans") ein sonderbares Tierchen mischt, das Geräusche produziert, als würde jemand arhythmisch an einem Gummiband zupfen.