Freitag, 4. Dezember 2009
Klimawandel und die Australier
In hiesigen Radioberichten wird oft das Thema climate change angesprochen. Zumindestens Journalisten belegen damit eine gewisse awareness. Selbst die hiesigen Politiker reden derzeit viel darüber - sicher wegen der baldigen Klimakonferenz in Kopenhagen. Eigentlich ist es auch schwierig, sich dem zu entziehen, denn die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen sind down under ebenfalls zu spüren: Dramatische Feuersbrünste, Wasserknappheit hier, Überflutungen da, anormales Wetter, Absterben der Korallen und zuallererst das Ozonloch, das die Aussies ja besonders früh und hart getroffen hat.


Irgendeine Primary School in Geraldton

Die formschöne Kopfbekleidung, mit der die Schulkinder sich hier während des Aufenthalts unter freiem Himmel kleiden müssen, belegt dies eindringlich, auch wenn das Tragen kurzärmeliger Hemden und kurzer Hosen dabei nur halb durchdacht erscheint.

Einige Bürger Australiens wollen allerdings immer noch nicht begreifen, dass die Veränderung der Umwelt auch unmittelbar mit dem eigenen Verhalten zu tun hat. Neulich habe ich irgendwo geparkt, um eine Melone zu verspeisen und etwas zu dösen. Als ich ankam, stand dort bereits ein dicker Geländewagen mit offener Tür und laufendem Motor. Vom Fahrer nichts zu sehen. Nach einer Viertelstunde hatte ich fertig mit Meloneessen und schlaff herumhängen. Als ich abfuhr, lief der Motor des anderen Wagens immer noch. Vermutlich hatte sicher der Fahrer nur für ein Nickerchen ins Haus zurückgezogen, da lohnt es sich ja kaum, erst umständlich den Motor auszustellen.

Unfassbar, diese Ignoranz! Leider bin ich überall auf derartige Bequemlichkeiten gestoßen. Es ist natürlich viel angenehmer, nach dem Einkauf in einen kühlraumgleichen Wagen zu steigen, als für zehn Sekunden das Fenster herunterzukurbeln. An solchem Verhalten scheint sich hier niemand zu stören. Aber ist das wirklich "nur" Bequemlichkeit oder vielmehr totale Absenz von Hirnaktivität?

Wir kennen derart gestriges Verhalten in Europa ja leider auch noch, vorwiegend von minderbemittelten Berufskraftfahrern. Unter denen gilt es bis heute als verweichlicht, den Motor abzustellen, bevor dieser nicht von allein durch vollständiges Verbrauchen des Tankinhalts ausgegangen ist.

Dabei drängt sich die Frage auf, ob es wirklich sein muss, auch die letzte Ecke des Outbacks zu besiedeln. Die Suche nach Abgeschiedenheit kann ich zwar sehr gut nachvollziehen, aber dort ist eben das Klima nicht gerade vorteilhaft. Und warum die Siedler meinen, ihren Strom grundsätzlich mit Dieselgeneratoren erzeugen zu müssen, bleibt mir ein Rätsel. Sicherlich funktionieren Solarzellen in Wüsten nicht, weil da zuviel Sonne scheint.

Nachtrag: 14. Dezember 2009. Im Radio höre ich, dass die Australier ihre Kohlendioxid-Emissionen seit 1990 in Wahrheit um satte 82 % gesteigert haben. Das wundert mich nicht. Durch Schönrechnerei, indem sie die Buschfeuer und den extrem hohen Beitrag der Landwirtschaft ausklammerten, waren sie jetzt aber auf nur 8 Prozent gekommen und hätten damit kaum etwas tun müssen. Na klar, die Landwirtschaft. Werden die Bauern eigentlich nie zur Verantwortung gezogen? Unausweichlich sind hier ausschließlich die natürlichen Buschfeuer. Aber auch die belasten nun einmal die Bilanz.

Haben denn diese Idioten weltweit das Problem immer noch nicht kapiert, verdammte Axt??? So kurzsichtig können doch nur Politiker (und Manager shareholder-value-orientierter Unternehmen) denken. Ich fürchte, die anderen Nationen werden sich in ähnlicher Manier aus der Verantwortung stehlen wollen. Aber es darf doch nicht um Schacherei gehen, sondern darum, die Welt zu retten, in dem ALLES getan wird, um die Emissionen zu reduzieren. Und das muss JETZT geschehen. Noch kostet es vergleichsweise wenig. In wenigen Jahren wird es vielleicht zu spät sein. Zumindestens ist jetzt nicht der Zeitpunkt zu sagen "Ach was, alles Panikmache, das wird schon ...". Denn Prognosen könnten schließlich auch zutreffen. Ich empfehle da einen Blick in den Stern-Report.